Rezension

Zeitgeschehen im Berlin der 50er

Kinder ihrer Zeit - Claire Winter

Kinder ihrer Zeit
von Claire Winter

Bewertet mit 5 Sternen

„Es gibt nur eine Sache im Leben, die wichtig ist – dass du dir jeden Tag im Spiegel in die Augen schauen kannst. 

Lass dir das von einem sagen, der das hässliche Gesicht dieses Landes besser kennengelernt hat, als du es hoffentlich jemals wirst.“ Zitat Seite 305

 

Erst im letzten Moment wagt die junge Mutter Rosa mit ihren Zwillingen Emma und Alice im tiefsten Winter die Flucht von Ostpreußen nach Westen, um den immer näher rückenden Russen zu entkommen. Auf tragische Weise werden Emma und Rosa von Alice getrennt. Die Beiden glauben viele Jahre, dass Alice umgekommen ist, doch das stimmt nicht: Sie wurde von einem Russen gerettet und kam in ein Kinderheim. 

So wachsen die Zwillinge getrennt voneinander in verschiedenen politischen Systemen und Verhältnissen auf, die sie sehr prägen. Alice lebt in Osten und Emma in Westen Berlins. Die Stadt ist geteilt, aber die Menschen können die Grenze recht problemlos passieren. 

Der kalte Krieg ist durch viele Spionen und Agenten in der Stadt allgegenwärtig. 

 

Bespitzelungen, Erpressungen, Ausspielen von Beziehungen, Entführungen, Nazis in hohen Ämtern, KGB, Propaganda bestimmten diese Zeit und werden in diesem Roman gekonnt und glaubhaft verarbeitet, so dass ein eindrucksvolles Zeitporträt im Kopf des Lesers entsteht. 

 

Jahre später, als junge Erwachsenen begegnen die Schwestern sich wieder. Während sie sich langsam wieder annähern und kennenlernen, schmieden schon verschiedene Parteien Pläne, wie sie diese Beziehung ausnutzen können. 

Diese Ränkespiele sind sehr spannend. Der Leser erlebt die Geschichte durch verschiedene Perspektiven der Beteiligten und bekommt so immer einen sehr guten Einblick. Die einzelnen Kapitel greifen immer mehr ineinander und enden oft mit einem Cliffhanger, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Der Spannungsbogen steigt unaufhaltsam und im letzten Viertel des Buches überschlagen sich die Geschehnisse bis zur Schließung der Grenze durch die DDR.

Neben den Schwestern spielen auch deren Freunde eine große Rolle, die jeweils unterschiedliche politische Überzeugungen haben. Auf diese Weise gelingt es der Autorin die verschiedenen Seiten mit ihren jeweils positiven und negativen Aspekten gleichermaßen gegenüberzustellen und einen recht umfassenden historischen Überblick in den Roman mit einzubetten.

Wieder ein sehr gelungenes Buch von Claire Winter, dass ich nur empfehlen kann.