Rezension

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Zeitgeschichtlicher Roman mit Fantasie und Spannung

Die Diplomatenallee -

Die Diplomatenallee
von Annette Wieners

Der Inhalt:

Bonn, Frühjahr 1974: Erstmals lassen sich DDR-Diplomaten in der Bundeshauptstadt nieder. Die Politprominenz feiert, aber die Folgen verändern mehr als ein Leben.
Heike lebt zurückgezogen mit Mann und Kindern in Bonn, manchmal hilft sie im Schreibwarenladen mit. Von ihr aus könnte es immer so weitergehen. Doch eines Tages steht ihr alter Uni-Professor im Laden, der Leiter des Instituts für Graphologie. Er möchte sich Heikes enorme Begabung zunutze machen: Niemand kann so viel aus einer Handschrift herauslesen wie sie. Nur will sie mit der Graphologie nichts mehr zu tun haben – aus gutem Grund. Außerdem vertraut sie dem Professor nicht. Tatsächlich ist er in den Aufbau der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn verstrickt, und Heike gerät in den Strudel dramatischer Begebenheiten ...

Meine Meinung zum Roman:

Annette Wieners steigt direkt mit Spannung in die Handlung im Jahr 1974 ein. Ihr Schreibstil ist sehr direkt und ohne viele Schnörkel. Wenn sie Spannung vermitteln möchte, schreibt sie oft in kurzen Sätzen bzw. Ausrufen. Mir persönlich hat das gut gefallen. Die Autorin stellt einige wirklich existierende Personen aus der deutschen Geschichte vor und versucht diese auch möglichst genau wiederzugeben. Im zweiten Abschnitt nimmt die Geschichte richtig an Fahrt auf. Die Autorin beleuchtet nun nicht nur warum sich Heike und ihr Bruder voneinander entfernt haben, sondern auch die Hintergründe über sein Verschwinden werden klarer. Interessant fand ich zudem die Dynamik in der Ehe von Heike und Peter. Den Charakter "Ilja" fand ich ein wenig dubios. Mir kommt es nicht wie eine Freundschaft zwischen ihm und Peter vor, sondern eher als hätte ihn die Stasi darauf angesetzt. Ich bin gespannt, ob sich meine Vermutung dahingehend bestätigt und wenn ja, wie das Ganze ans Licht kommt. Auch kommt mir Sabine irgendwie zu freundlich vor? Vielleicht steckt da auch mehr dahinter. Zum Ende hin habe ich dann eher gemischte Gefühle. Die Spannung nimmt deutlich ab, Handlungsstränge bleiben offen und manche Dinge sind nicht wirklich glaubwürdig. Achtung Spoiler: Warum verrät sich Guillaume genau bei Heike am Telefon? Nachdem er jahrelang unentdeckt blieb? Das fand ich leider nicht schlüssig und hat mich sehr an der Geschichte gestört.

Von mir bekommt der Roman 3,5 von 5 Sternen. Den halben Stern habe ich noch vergeben, in der Hoffnung auf einen zweiten Teil, in welchem offene Fragen womöglich noch geklärt werden.

Meine Lieblingsstelle:

"Die menschliche Seele ist verknittert und faltig wie ein altes Schulheft. Lesen sie in dem Heft, dass das Leben ihnen zugeteilt hat, aber ziehen sie nie die Knitterfalten auseinander." ~ Seite 249