Rezension

Zeitlos

Der Krieg der Armen -

Der Krieg der Armen
von Éric Vuillard

Das Leben und Wirken Thomas Müntzers, der die Bauernaufstände zu Beginn des 16. Jahrhunderts angeführt hat, ist Thema in Vuillards neuem Buch. Doch lediglich als Biografie hat der Autor seine Novelle nicht geplant; denn der Lebensweg Müntzers wird nur flüchtig und äußerst knapp dargestellt. Viel wesentlicher ist der soziale Aspekt, Müntzers Aufruf an  seine Landsleute, sich gegen die Unterdrückung und Ausbeutung durch die weltlichen und kirchlichen Machthaber zur Wehr zu setzen.

Vuillards extrem kurze Novelle schildert auf nur 64 Seiten die Fakten und Müntzers Anliegen. Allerdings ist sie nicht so einfach „herunter" zu lesen; der Autor wählt einen knappen Schreibstil, seine Sprache wechselt zwischen altertümlich und modern. Immer wieder bezieht er sich auf historische Ereignisse und Namen, die man als Leser seines Buches kennen sollte.

Müntzer war beileibe nicht der erste, der gegen die Willkür von Reichen und Mächtigen predigte und zum Widerstand gegen die Obrigkeit aufrief. So erzählt Vuillard in aller Kürze von seinen Vorgängern in anderen Ländern, etwa John Wyclif in England und Johannes Hus in Prag. Und es gibt moderne Nachfolger, die zwar keine Aufstände geführt, aber ihre revolutionären sozialen Ideen in Schriften festgehalten und veröffentlicht haben: Namen wie Marx, Bloch oder Nietzsche, die Vuillard in seine Erzählung einflicht, holen den Leser immer wieder in die Gegenwart zurück und lassen ihn über die heutigen Verhältnisse nachdenken. Wie ist Besitz in unserem Zeitalter verteilt? Wie stehen wir zu den Ungerechtigkeiten und der tiefen Kluft zwischen Arm und Reich, Macht und Ohnmacht?