Rezension

Zeitreise ins München der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts

Wintergewitter - Angelika Felenda

Wintergewitter
von Angelika Felenda

Bewertet mit 5 Sternen

Angelika Felenda studierte Geschichte und Germanistik. Das merkt man ihrem Roman durchaus an. Ich empfand den zweiten Kriminalfall für Kommissär Reitmeyer als hervorragend beschriebene und recherchierte Zeitreise in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Den ersten Teil habe ich noch nicht gelesen.
Die Autorin läßt uns teilhaben an den Zuständen, wie sie nach dem ersten Weltkrieg in München waren. Sie beschreibt sie beeindruckend in klaren, gut gewählten Worten.
Die Zeiten sind nicht leicht. Es herrschen chaotische, anarchistische Zustände. Der Mangel ist überall. Es fehlt an allem: Lebensmittel, Bekleidung, Heizmaterial,menschenwürdige Wohnungen, Geld. Die Eigentumsdelikte nehmen zu. Die Menschen hungern und frieren, aber es gibt auch andere Orte, an denen davon nichts zu spüren ist.

Die junge Gerti Blumenfeld befindet sich in einem zwielichtigen Lokal und wartet auf ihre Freundin Cilly. Sie benötigt dringend ihre Hilfe, da sie auf der bisher ergebnislosen Suche nach ihrer verschwundenen Schwester, ihre Unterkunft nicht mehr bezahlen kann. Aber Cilly kommt nicht. Stattdessen wird sie von einer Unbekannten angesprochen, die der jungen Frau eine Mappe mit Unterlagen wiedergeben möchte. Plötzlich ist die fremde junge Frau verschwunden. Was sind das für Papiere, die nun Gerti in den Händen hält? Bergen sie brisantes Material? Und wo bleibt Cilly?...
Kommissar Reitmeyer mit seinen kriegsversehrten Mitarbeitern wird unterdessen an einen Tatort gerufen. Eine junge Frau stürzte im Gasthof zum Roten Adler eine steile Kellertreppe hinunter. Was hatte sie dort zu suchen? War es ein tragischer Unfall? Oder war es sogar Mord?...

Konzentriert blieb ich dran, wie der sympathische Kommissär Sebastian Reitmeyer gemeinsam mit seinem ebenfalls angenehmen Kollegen Steiger und dem übereifrigen, ungestümen Polizeischüler Rattler die Spuren des mittlerweile zweifachen Frauenmörders verfolgte. Ich habe Seite um Seite verschlungen. Es kamen im Verlauf immer mehr zweifelhafte, kriminelle, undurchsichtige Personen und Fakten dazu.
Berührend war für mich zu lesen, wie der Kommissär versucht mit seinem erlittenen Kriegstrauma fertig zu werden. Die Panikattacken erfassen ihn immer wieder in unpassenden Momenten. Schön das Ende des Buches, wo er sich gegenüber der von ihm sehr verehrten Caroline von Dohmberg offenbart: „Ich bin ein Kriegszitterer.“ Vielleicht werden sie in einer Fortsetzung endlich ein Liebespaar?

Fazit:
Angelika Felenda versteht es in atmosphärischer Dichte die Kriminalgeschichte mit dem tatsächlichen Verlauf der historischen Ereignisse zu verflechten. Sie beschreibt eindrucksvoll die politische Stimmung im München der Anfang 20er Jahre. Wie ein gewisser Adolf Hitler als Redner mit Angriffen gegen die Juden, gegen die feige korrupte Regierung, gegen die Presse, die nichts als Lügen verbreitet, starke Emotionen bei seinen Zuhörern wecken konnte.
Da drängen sich zur gegenwärtigen Lage Parallelen auf. Wehret den Anfängen!

Das Cover vermittelt die allgemeine Stimmung sehr gut und unterstützt den Titel des Buches.

Von mir fünf Sterne, da Zeitgeschichte interessant verpackt beschrieben wird!