Rezension

Zielgruppe: Frau, 15, nix für Männer

Bis(s) zum Morgengrauen - Stephenie Meyer

Bis(s) zum Morgengrauen
von Stephenie Meyer

Bewertet mit 4 Sternen

Oder vielleicht doch?

Manchmal verzweifele ich wirklich.

Vor Jahren bekam ich von meiner Schwägerin den 1. Band von Diana Gabaldons Highland-Saga in die Hände gedrückt - mit der Bemerkung, sie wisse nicht, ob es etwas für mich sei, da es ein Frauenbuch ist. Vielleser, der ich bin, dacht ich mir: Gut, lese ich es mal, man will ja schließlich wissen, was frau so gerne liest.

Und soll ich euch liebe Damen (und auch Herren) etwas sagen? Mir hat dieses Buch (sowie all seine Fortsetzungen) außerordentlich gut gefallen.

Insofern war ich auch mutig genug, nachdem meine Frau Stephenie Meyer's "Bis(s) zum Morgengrauen" verschlungen hatte (was sonst gar nicht ihr Stil ist), ihrer Empfehlung nachzukommen und das Buch ebenfalls zu lesen.

Und was soll ich sagen? Nach Gabaldons Bücher mutmaßte ich bereits, dass sich irgendwo weibliche Gene bei mir versteckt halten müssen. Und jetzt bemerke ich, dass diese Gene offensichtlich erst 15 Jahre alt sind. Denn trotz allem hat mir dieses Buch richtig gut gefallen.

Warum? Das habe ich mich während und nach der Beendigung der Lektüre ernsthaft auch gefragt. Denn, sind wir mal ehrlich: die Handlung kann man in einem Satz zusammenfassen: 17-jährige verliebt sich in Jungen, der verliebt sich in sie, das Umfeld ist dagegen, sie kommt in Lebensgefahr, er rettet sie und so können beide in den Sonnenuntergang reiten (natürlich nur hypothetisch gesprochen, denn wir sind ja erst beim Morgengrauen) (obgleich das Original "Twilight" heißt, was übersetzt nun wieder Abenddämmerung bedeutet - da hat wohl der Übersetzer mal wieder ein wenig geschlafen) (sorry für die vielen Klammern).

Nicht nur, dass es wenig Handlung gibt, eigentlich passiert auf den 510 Seiten auch nicht wirklich etwas, vieles wird einfach oft wiederholt.

Auch mit den bekannten Vampir-Geschichten hat dieses Buch nur wenig gemein, denn Kämpfe mit und Verfolgungen von Vampiren bis hin zum Töten dieser Wesen kommen ebenso wenig vor, wie das Beißen, das Verbrennen in der Sonne, die Angst der Vampire vor Kreuzen oder was einem sonst alles für Klischees einfallen könnten.

Und wieso dennoch 4 Sterne?

Mrs. Meyer schafft etwas, was nur wenige Autoren schaffen: Sie haucht Leben in ihre Figuren ein (selbst in die eigentlich toten Vampire).

Ihre Hauptfigur Bella, aus dessen Sicht das Buch in der Ich-Form geschrieben wurde, ist eine 17-jährige Teenagerin mit all ihren Macken und ihrer Gefühlswelt. Und das ist auch der Grund, warum man (also Frau und Mann) sich so gut - wie ich finde - mit ihr identifizieren kann. Wer schon über die 17 weg ist, der wird sich vielleicht daran erinnern, dass man mit 17 so war, als man sich verliebte. Ja, genau so. Man musste sich tausendmal sagen, wie schön der Freund (respektive Freundin) ist, man war so verliebt, dass man alles getan hätte - all das, was Bella und Edward im Buch auch getan haben. Deswegen sind meines Erachtens die Kritiken über die ewigen Wiederholungen über die Schönheit Edwards und die dusseligen Handlungen der Protagonisten auch nicht gerechtfertigt - gut, sie mögen irgendwann vielleicht nerven, doch so denkt und handelt Bella als 17-jährige. Und das macht aus Bella eine lebende Figur, mit der man lieben und leiden kann.

Nicht zuletzt hat sich Mrs. Meyer auch durchaus Gedanken um den alten Vampirmythos gemacht. Die Mystik und Eigenschaften der Vampire hat sie teilweise aufgegriffen (Stärke und Unwiderstehlichkeit), teilweise hat sie sie erklärt (Nachtwesen und Sonnenlicht). Das mag vielleicht nicht jedem gefallen, aber so schafft sie es, dass man Vampire als tatsächlich existierende Wesen, die unter uns leben, akzeptieren kann.

Wieso dann nicht 5 Sterne?

OK, da kriechen dann noch meine 48 Jahre alten männlichen Gene hervor. Für 510 Seiten war definitiv zu wenig Handlung im Buch, dass es auch für 5 Sterne gereicht hätte.

Die Verzweiflung ist mittlerweile wieder abgeflaut. Ich bin zwar weder weiblich noch 15, aber wieso sollte mir ein solches Buch eigentlich nicht gefallen?

Nur Mut, ihr Männer!

 

Kommentare

Anja H. kommentierte am 08. November 2013 um 12:40

Mutig ;)

frell kommentierte am 08. November 2013 um 12:47

Danke :)

Auch wenn ich meine angestammte Richtung habe, in der ich lese, mache ich gerne mal Ausflüge ins Unbekannte. Hierbei und bei Diana Gabaldon hat es sich gelohnt. Ebenso bei Mrs. Collins "Tribute von Panem". Gar nichts anfangen hingegen konnte ich mit Harry Potter, den ich nach einem mühseligen Durchquälen durch Band 1 dann auch links habe liegen lassen.

Anja H. kommentierte am 08. November 2013 um 12:55

Das mit Harry Potter ging mir ähnlich, habs auch nach dem 1. Band gelassen. Panem fand ich auch super, vielleicht sollte ich mich doch mal an Diana Gabaldon wagen.

frell kommentierte am 08. November 2013 um 13:07

Oops, falsches Knöpfchen gedrückt. Meine Antwort siehe unten ...

frell kommentierte am 08. November 2013 um 13:05

Wenn du gerne historische Romane liest, in denen auch noch ne Menge Liebe vorkommt, greif zu. Mir persönlich hat an den Gabaldon-Romanen die Mischung aus historischen Tatsachen und die Beziehung einzelner Personen zueinander sehr gefallen - auch wenn jeder Band knappe 1000Seiten hat und hier und da auch Längen zu finden sind. War aber niemals langweilig.

katzenminze kommentierte am 04. März 2015 um 11:59

Hihi, ich habe Gabaldon (also Feuer und Stein) tatsächlich mit 16 oder 17 gelesen! Und ich war hellauf begeistert. Es hat für viel Stoff zum Kichern und Tuscheln gesorgt... :) Aber zu der Bis(s) Reihe konnte ich mich bisher noch nicht motivieren.