Rezension

Zu hoch nach den Sternen gegriffen

Das Grand Hotel - Die nach den Sternen greifen - Caren Benedikt

Das Grand Hotel - Die nach den Sternen greifen
von Caren Benedikt

Bewertet mit 5 Sternen

Ein sehr spannender und bildlich toll umgesetzter Roman über die goldenen Zwanziger im Schatten der bevorstehenden Veränderungen. Lesenswert!

Die Familie von Plesow führt das berühmte Grand Hotel, direkt in Binz, an der Uferprommenade. Mutter Bernadette führt eine eiserne Hand, ist sie doch um ihr Hotel und seinen Ruf bemüht. Ihr Sohn Alexander unterstützt sie als Geschäftsinhaber mit 30%, noch ganz traut sie ihm das alleinige Geschäft des Hotels nicht  zu. Ihr Sohn Constantin unterhält in Berlin das Hotel Astor und ein eigenes Variete und ihre Tochter Josephine versucht sich als Künstlerin. Doch hinter den Kulissen merkt man die Auswirkungen des ersten Weltkrieges und was es für ein Kampf ist einen hohen Standart zu halten….

Die goldenen Zwanziger, verbunden mit Dowtown Abbey- ich kann da jetzt nicht sonderlich viel mitreden da ich kein Serienjunkie bin aber die goldenen Zwanziger, die Zeit nach dem ersten Weltkrieg, vor Beginn des zweiten Weltkriegs finde sehr facettenreich und von der Stimmung könnte sie damals nicht unterschiedlicher sein. Dann bedient sich die Autorin natürlich einer Kulisse die man von Bildern, Urlaub, Wohnort oder ähnliches kennt – Binz. Da hat man als Leser schon hohe und spannende Erwartungen.

Der Schreibstil ist wirklich zu begeistern! Mich konnte die Autorin nach ein paar Sätzen schon für die Geschichte gewinnen und umso mehr ich in Binz und Berlin unterwegs war, mit der Familie von Plesow, umso mehr wollte ich erfahren, umso süchtiger wurde ich nach ihren Geschäften, Intrigen, Geheimnisse und wie sie weitere Wege einschlagen werden oder möchten. Für mich entwickelte das Buch recht schnell einen hohen Suchtfaktor und es fiel, auf Grund der bildhaften Beschreibung, gar nicht schwer, in der Geschichte zu bleiben.

Die Familie von Plesow könnte nicht unterschiedlicher sein. Die Mutter Bernadette erscheint kühl aber freundlich, aber sie hat ihre Geheimnisse, sie möchte ihr Grand Hotel als Top Adresse in Binz haben und dafür scheut sich keine Mühen und Wege. Ich fand sie, wegen ihrem Charakter, so interessant. Auf der einen Seite ist sie kühl und streng, lässt keine Toleranz und Fehler zu, auf der anderen Seite liebt sie, vermisst und möchte gerade ihre Kinder halten, hat auch für ihre Mitarbeiter ein offenes Ohr.

Alexander und Josephine hängen immer so zwischen den Stühlen, sie liebe und hassen ihre Mutter, wünschen sich mehr Zugeständnisse, mehr Toleranz und Verständnis und dass sie als Menschen, als Kinder von Bernadette wahrgenommen werden. Sie müssen beide ihren Weg finden und auf den bin ich sehr gespannt.

Constantin ist hier wohl der Sunnyboy, aber mit einer sehr dunklen Seite. Er ist schillernd, faszinierend und begeistert, auf der anderen Seite hat er mir sehr oft eine Gänsehaut bescherrt da er doch sehr skrupellos seine Geschäfte führt und wohl die grösseren, dunkleren Geheimnisse hat…vor der ganzen Familie. Und er ist sich nicht zu schade nahestehende Leute für seine Geschäfte zu missbrauchen, zu bestechen oder sie zu belügen.

Neben der Familie Plesow erhalten eben auch Angestellte, die Gesellschaft von Binz und Berlin einen Platz und das fand ich sehr gelungen. Nicht nur dass sich alles um die Familie dreht, nein, man wirft auch die Blicke auf die „arbeitende“ Gesellschaft, was sie zu leisten hat, dass sie mit den Reparationszahlungen nicht einverstanden sind, dass Hunger, Kälte, Arbeitslosigkeit sie unruhig werden lässt, hoffnungslos. Durch diese beiden Blickwinkel erhält man ein sehr facettenreiches und gut umgesetztes Bild.

Bestechungen, Neid, Angst, der Wunsch nach einer starken, politischen Führung, Mord und Drohungen waren in den höheren Kreisen an der Tagesordnung, davon wird auch die Familie Plesow nicht verschont.

Für mich hat die Autorin hier einen sehr gelungenen Roman über die schillernden aber auch dunklen Zwanziger geschrieben mit einer sehr interessanten, facettenreichen Familie wo der Leser immer zwischen Verständnis, Liebe, Hoffnung und Fassungslosigkeit schwirrt. Ich bin von diesem ersten Band absolut begeistert, er hat einen hohen Suchtfaktor und am liebsten würde ich den nächsten Band jetzt schon in den Händen halten wollen! Für alle die sich für diese Thematik und vor allem für diese Zeit interessieren ist das Buch kein Fehler.