Rezension

Zu nah am Klischee

Der Hunger der Lebenden - Beate Sauer

Der Hunger der Lebenden
von Beate Sauer

Bewertet mit 3 Sternen

Gute Ansätze, aber viel Potential verschenkt

 

Zu nah am Klischee

Deutschland kurz nach dem 2. Weltkrieg, einer der heißesten Sommer des Jahrhunderts. Die Menschen hungern, trauern um all die Toten oder trauern heimlich den Nazis hinterher. Friederike Matthée, eine junge Frau aus einer ehemals wohlhabenden Familie, arbeitet als Assistentin bei der weiblichen Polizei in der britischen Besatzungszone. Sie wird losgeschickt, als auf einem Bauernhof die Gutsherrin Ilse Röder ermordet aufgefunden wird. Neben ihr steht die junge Franziska, ehemalige Lagerinsassin und obdachlos, mit einer Waffe in der Hand. Für alle scheint der Fall klar, nur Friederike hat Zweifel und forscht nach.

Dabei kommt, wie nicht anders zu erwarten, allerlei Unschönes bis Widerwärtiges über die Vergangenheit der beteiligten Personen in der Nazizeit ans Licht. Die Atmosphäre der Nachkriegszeit hat die Autorin schön eingefangen. Der Fall wiederum zieht sich lange recht zäh dahin, bis er dann, gerade als es spannend wird, schwuppdiwupp gelöst wird. Zeitgleich ermittelt der Brite Richard Davies, in den Friederike natürlich verliebt ist, in einem anderen Fall, der sich mit dem Mord an Ilse Röder kreuzt. Die Schilderung der Charaktere gerät dabei oft etwas arg schwarz-weiß, die psychologische Verarbeitung der Kriegsjahre verbleibt leider etwas oberflächlich. Ohne die Liebesgeschichte zwischen Friederike (immer mit Vornamen genannt) und Davies (immer der Nachname, obwohl sie sich duzen, weil: ist ein Mann) hätte ich vielleicht einen Stern mehr gegeben, weil es sich recht flüssig liest. In einem Krimi möchte ich aber nicht Sätze wie diesen lesen: „Du liebes bisschen, regte sich da gerade ein ganzer Schwarm Schmetterlinge in ihrem Bauch?“ (287). Ach du liebes bisschen.