Rezension

Zu viel des Guten

Heiße Milch - Deborah Levy

Heiße Milch
von Deborah Levy

Bewertet mit 2.5 Sternen

Anfangs hat mir dieses Buch sehr gefallen. In einem höchst originellen Erzählstil wir von Sofia berichtet, die mit ihrer kranken Mutter nach Spanien fährt, um eine Spezialklinik aufzusuchen. 
Rose kann oder will nicht Laufen. Manchmal kann sie es, meistens sitzt sie aber im Rollstuhl. Sofia ist mit der Pflege ihrer tyrannischen Mutter überfordert, hat ihren Berufswunsch aufgegeben und gar keine Ambitionen mehr. In Spanien kann sie die Verantwortung für Rose an den Arzt abgeben und hat plötzlich Zeit, ihr eigenes Leben zu überdenken. 

Soweit ist es ein spannendes Thema, leicht skurrile Figuren mit anrührendem Schicksal und einem Geheimnis, das gelöst werden muss. Wunderbar. 

Leider entgleisen im weiteren Verlauf sowohl der Erzählstil als auch die Handlung. Sofie lernt die ausgeflippte Schneiderin Ingrid kennen und lieben. Ja, dabei lernt man Grenzen zu überschreiten und das hilft bei der Selbstfindung. Nur wenn Ingrid dann noch mehrere andere Liebhaber hält, von denen einer nebenbei Roses Physiotherapeutin beglückt und Sofie sich vom Rettungssanitäter trösten lässt, dann verlässt man schon deutlich die Mutter-Tochter-Beziehungsebene und fragt sich, wo man denn wohl gelandet ist. 
Zunehmend blumige Bilder illustrieren das Geschehen, bis die Vergleiche absurd anmuten. 

„Ein Geschenk wie Liebe ist nie umsonst. Augustblau. Blau ist meine Furcht vor dem Fehlschlag, dem Fallen, dem Fühlen, und blau ist der Augusthimmel über Almería. Ingrid war der Helm über die Augen gerutscht. Blau sind ihre Tränen und das Ringen um ein Leben in allen Dimensionen zwischen Vergessen und Erinnern.“ 

Bis zu Überdruss wird das Bild von Sofies Laptop bemüht, das ihr ganzes Leben enthält, aber heruntergefallen ist. Der gesprungene Bildschirm zeigt noch immer den Bildschirmschoner mit dem Sternenhimmel und veranlasst sie zu tiefsinnigen Gedanken wie: "Schon mit fünf war ich älter als die Sterne auf meinem Bildschirm made in China." 

Eigentlich ist die Geschichte gut und eigentlich ist das Ende originell und dramatisch. Nur leider fand ich den Erzählstil zunehmend unerträglich. Ab etwa der Hälfte hat mich dieses Buch nur noch geärgert. 
Es mag Menschen geben, die dieses Buch genial finden. Ich gehöre leider nicht dazu.  

Kommentare

wandagreen kommentierte am 05. November 2018 um 22:51

Diplomatische Rezension.