Rezension

Zu viel Poesie für mich

Ich schreibe Ihnen im Dunkeln - Jean-Luc Seigle

Ich schreibe Ihnen im Dunkeln
von Jean-Luc Seigle

Bewertet mit 3 Sternen

Pauline Dubuisson hat im Affekt ihren Verlobten erschossen. Sie war 21 Jahre alt, als sie dafür verurteilt wurde, ein Mordfall, der in den 50er Jahren in Frankreich viel Aufsehen erregt hat. Das Gericht ging sehr gnadenlos mit ihr um, wollte ihr keine mildernden Umstände zugestehen, weil sie im Ruf stand, die Geliebte eines Nazis gewesen zu sein, eine gewissenlose Hure. Sie war erst 16, als ihr bei Kriegsende Resistancekämpfer Grauenhaftes antaten, weil sie diese Gerüchte für wahr hielten. 
Pauline ist auf tragische Art Unrecht getan worden. Ein Verbrechen, das in ihrer Jugend an ihr verübt wurde, wird ihr ihr Leben lang zum Verhängnis. Dieses Buch ist ihre fiktive Lebensbeichte, die die Geschehnisse ins rechte Licht setzen soll.

Das ist ein tolles Thema. Paulines Geschichte ist schrecklich und an Dramatik und Schicksalhaftigkeit nicht zu überbieten. Leider konnte ich mit der Erzählweise dieses Buches überhaupt nichts anfangen. 

„Einfühlsam und poetisch erzählt Jean-Luc Seigle in diesem dichten, intensiven Roman von der Leidenschaft und den Wünschen einer Frau, die, attraktiv und talentiert, mit ihrem Begehren immer wieder scheitert.“ 

So wird das Buch beworben und das kann man nur unterschreiben, leider ist Jean-Luc Seigles Poesie geradezu ausufernd. Hier hat sich ein Autor mit viel Vorstellungskraft in eine zutiefst verzweifelte Frau hineinversetzt, was eine reife Leistung ist. Mir war es zu viel, zu blumig, zu gewollt.

"Man muss gesehen haben, wie er Gegenstände anfasst, ohne sie je zu zerbrechen; und jedes Mal, wenn er mich berührt, lässt er mich unter seinen Händen neu erstehen."

Natürlich kann man solche Sätze schön und berührend finden. Mit dem gleichen Recht kann man sie aber auch recht bemüht und kitschig finden. (Ich fasse öfter mal Gegenstände an, ohne sie zu zerbrechen.)
Mich hat dieses Buch, trotz der tragischen Thematik, sehr schnell gelangweilt. Wer sowas mag, mag es lesen. Ich mag es nicht.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 03. August 2017 um 10:02

Vielleicht ist das wieder so ein polarisierender Autor wie Emma Cline. Die wir nicht mochten. Erinnerst du dich?

Sursulapitschi kommentierte am 03. August 2017 um 10:18

Das ist möglich. Aber bislang sehe ich überall nur Begeisterung, nur ich mag es nicht. Es muss sich noch zeigen, ob ich oder das Buch das Problem sind. :DD