Rezension

Zu viel, zu voll

Zum Paradies
von Hanya Yanagihara

Bewertet mit 2 Sternen

Ich wollte gern ein Buch von Hanya Yanagihara lesen, nachdem ich unzählig oft begeisterte Stimmen über ihre Vorgängerromane gehört habe. An ihren großen Bestseller „Ein wenig Leben“ habe ich mich thematisch nicht herangetraut. Mit "Zum Paradies" wollte ich die Autorin nun gerne entdecken.

Leider bin ich enttäuscht worden. Das Buch ist nicht einfach nur ein Buch, es ist ein Epos. Ein Werk, das enorm viel Zeit und Aufmerksamkeit beansprucht.
Ich habe immensen Respekt vor dem Ideenreichtum und der Fantasie Yanagiharas, die es unvergleichlich eindrücklich schafft nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern Wirklichkeiten vor dem Auge des Lesers/ der Leserin entstehen zu lassen. Wie das echte Leben verläuft sich ihr Text in kleinste Verästelungen von Nebenhandlungen, die alle miteinander in Verbindung stehen und sich gegenseitig bedingen, aber doch auch wieder unabhängig voneinander existieren.
Und genau da liegt mein persönliches und mit Sicherheit sehr subjektives Problem. Ich konnte mich auf die Erzählweise der Autorin nicht einlassen. Der Schreibstil ist mir persönlich zu gestochen, zu detailliert und verschachtelt, zu übertrieben geistreich. Yanagiharas Text zu lesen fühlt sich für mich in etwa so an, als würde ich stundenlang auf ein hyperrealistisches Bild starren, das überdeutlich jedes noch so kleine Härchen, jede Lichtreflexion des Gezeigten darstellt.
Thematisch finde ich das Buch nach wie vor sehr interessant. Schon allein die Grundidee der ersten Geschichte, diese „andere“ Vergangenheit Amerikas, die zu einer „anderen“ Gesellschaft führt, ist genial. Yanagihara ist eine Autorin, die ihre Bücher für und über das Gute schreibt, die Hoffnung geben will. Hoffnung für alle Menschen, egal, wo sie herkommen, wer sie sind, wen sie lieben. Das merkt man ganz deutlich.
Davon abgesehen sind die drei Szenarien, die sie schafft, die Leben der drei Davids, nebeneinander gestellt, jedes für sich erzählens- und lesenswert. Unglücklicherweise konnte ich mich jedoch nur schwer auf die Geschichten einlassen, da die Art und Weise wie sie erzählt wurden, einfach keine Spannung, keinen Impuls zum Weiterlesen bei mir entstehen lassen hat. Oft hatte ich das Gefühl, dass seitenlang unfassbar viel gesagt wurde, ohne dass wirklich etwas passiert ist. Die Figuren blieben mir trotz allem eher fern. Zum Weiterlesen musste ich mich deshalb häufig überwinden.

Fazit:
Ich kann verstehen und erkennen, warum so viele Lesende begeistert von Hanya Yanagiharas Büchern sind. Wenn man „Zum Paradies“ liest, kommt man nicht daran vorbei, die Größe und die erzählerische Wucht der Geschichte wahrzunehmen. Mir als individuelle Leserin ist diese Wucht aber zu schwer gewesen. Ich habe mich von ihr letztendlich erschlagen gefühlt.