Rezension

Zufrieden mit dem eigenen Leben?

Das Paar aus Haus Nr. 9 - Felicity Everett

Das Paar aus Haus Nr. 9
von Felicity Everett

Bewertet mit 4 Sternen

Sara und Neil leben mit ihren beiden Söhnen in einer Doppelhaushälfte in einer mittelständigen Wohngegend. Während ihre Wohnhaushälfte gediegen und heimelig wirkt, ist die andere Hälfte ziemlich vernachlässigt und heruntergekommen. Als Sara ihre Kinder von der Schule abgeholt hat, beobachtete sie mit ihrer Freundin und Nachbarin Carol, dass eine Familie mit drei Kindern in das Haus Nr. 9, der renovierungsbedürftigen Haushälfte, einzieht. Sofort macht Sara sich mit Lou bekannt und lädt sie und ihre Familie auf eine Erfrischung ein. Die beiden Familien kommen sich schnell näher. Sara und Neil lassen sich völlig in den Bann der beiden Künstler ziehen und werden mehr und mehr von ihnen abhängig. 

 

Eigentlich habe ich wegen des Covers und Klappentextes ein anderes Buch erwartet.

Ich hatte mir im Haus Nr. 9 ein dunkles Geheimnis vorgestellt, das von beobachtenden Nachbarn oder den Neueingezogenen entdeckt und gelüftet wird.

Stattdessen kommt mir der Roman wie eine Milieustudie daher. Es war spannend zu lesen, wie sich die Menschen entwickeln und auch verändern, wenn Familien mit total unterschiedlichen Lebenseinstellungen nebeneinander wohnen. Diejenige mit dem kleinsten Selbstwertgefühl, in unserer Geschichte Sara, geht vollkommen auf die berühmten Künstler ein und schämt sich für alle, die nicht voller Ehrfurcht und Verständnis sind. Kreativität und Zügellosigkeit machen sexy, so stark dass Sara völlig von Gavin eingenommen wird und nur noch dem Objekt ihrer Begierde folgt. Ähnlich geht es auch ihrem Mann mit Lou. 

Ganz ruhig Schritt für Schritt zeichnet die Autorin die Charaktere, wie sie sich verändern und wie insbesondere Sara ihr altes Leben blass und unbefriedigend empfindet. Die Eheleute driften auseinander, treffen sich aber immer wieder mit neuer Leidenschaft, die sich aus ihren neuen Ansichten und ihrer neuen Lebenseinstellung entwickelt, um dann doch wieder in die eigene Ereignislosigkeit zurückzufallen. 

Die Künstler Gavin und Lou lassen sich nicht so leicht in die Karten gucken. Ich weiß nicht, ob die Autorin das bewusst recht offen gelassen hat. Die Tatsache, dass die beiden sich ein neues „Bewunderer-Pärchen“ gesucht haben, zeigt zu mindestens, dass sie wahrscheinlich ohne so ein Pärchen aufgeschmissen wären. Sie brauchen nicht nur jemanden, der ihnen die Kinder abnimmt, sondern auch Bewunderer um sich ihrer Kreativität und Größe bewusst zu sein. 

Man kann noch über unzählige Aspekte dieses Buches philosophieren und diskutieren. Es wirkt nach und regt zum Nachdenken an.