Rezension

Zum entspannen und mitfiebern

Die Geschichte der Baltimores
von Joël Dicker

Bewertet mit 4 Sternen

Wie schon in „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ folgen wir in der „Geschichte der Baltimores“ einem Autor und lesen mit dem Buch quasi sein Buch. Hier geht es allerdings nicht um Plagiate oder den Beruf an sich sondern darum, wie Hauptchrakter (und Autor) Marcus seine Familiengeschichte rekapituliert und verarbeitet.

Schon seit Marcus denken kann herrscht zwischen seinem Teil der Familie – den Goldmans aus Montclair – und der Familie seines Cousins – den Goldmanns aus Baltimore – ein starkes Ungleichgewicht. Die „Baltimores“ sind sehr wohlhabend, haben ein riesiges Haus, ein teures Auto, tolle Jobs und sind trotzdem unheimlich liebenswert. Für Marcus strahlen sie in einem überirdischen Glanz und sooft er kann fährt er sie besuchen. Mit seinem Cousin Hillel und dessen bestem Freund Woody versteht er sich blendend. Die drei bilden die Goldman-Gang und sind unzertrennlich. Marcus schönste Kindheits- und Jugenderinnerungen verbindet er mit den Baltimores. Seine eigenen Eltern sind ihm dagegen fast peinlich: Ihr alter Civic, ihre Einfachheit.

Doch Jahre später ist der Glanz der Baltimores verblichen. Sein Onkel ist ein gebrochener, fast mittelloser Mann und mit seinen Cousins ist etwas passiert, was von Marcus nur „die Katastrophe“ genannt wird. Doch was? Wohin ist der Reichtum verschwunden? Was ist Hillel und Woody zugestoßen? Wie konnte diese wunderbare Familie so nachhaltig zerfallen?

Marcus auf seiner Spurensuche zu begleiten fand ich spannend. Der Roman liest sich flüssig und schnell weg und ist genau das Richtige zum entspannen und mitfiebern. Die Perspektive wechselt zwischen Marcus aktuellem Leben und chronologischen Rückblicken in seine Kindheit und Jugend. Nach und nach erfährt man Dinge, die das perfekte Bild der Goldmanns trüben.

Ein bisschen leicht macht es sich Dicker meiner Meinung nach damit, dass viele seiner Figuren sehr wohlhabend sind. Es sind Geld, Ruhm und Neid, die zu Problemen führen. Das ist zwar spannend, aber nicht immer realistisch.

Insgesamt habe ich „Die Geschichte der Baltimores“ sehr gerne gelesen. Es ist ein unterhaltsamer Roman über Freundschaft, Familie, Eifersucht, Liebe, falsche Entscheidungen und Geheimnisse. Spannend und abwechslungsreich ohne übermäßig dramatisch zu sein und genau das Richtige für ein paar entspannte Lesestunden. Ich freue mich jedenfalls schon auf Dickers nächsten Roman, der im April 2019 erscheint.