Rezension

Zur Lage der Nation

Brandsätze -

Brandsätze
von Steph Cha

Bewertet mit 5 Sternen

„Brandsätze“ist nicht nur ein hochaktueller sondern auch ein höchst brisanter Roman, lenkt er unseren Blick doch auf eine zutiefst gespaltene amerikanische Gesellschaft, deren Leben nicht nur von Vorurteilen und Diskriminierung sondern auch von Angst im täglichen Miteinander geprägt ist. Diffuse Ängste, die Reaktionen provozieren, die über Generationen hinweg Familien verändern können und eine Pyramide von Vorurteilen, bei denen die Hautfarbe eine nicht unwesentliche Rolle spielt.

Zwei Familien, Täter und Opfer, ihr Schicksal verzahnt. Beide kommen zu Wort, wobei letztendlich bei genauem Hinsehen beide Familien Opfer sind. Opfer einer Gesellschaft, deren Wohlstand sich auf systemischen Rassismus gründet und der auch heute noch immer gelebt wird.

1991, South Los Angeles. Latasha Harlin. 15 Jahre alt und schwarz, geht in einen Mini-Market, um sich etwas zu trinken zu kaufen. Das Geld in der Hand, bereit zu zahlen, packt sie die Flasche in ihren Rucksack und wird daraufhin von der koreanischen Ladenbesitzerin des Diebstahls verdächtigt. Es kommt zu einem Wortgefecht und einem Handgemenge, das Mädchen reißt sich los, geht Richtung Ausgang und wird daraufhin von ihr in den Hinterkopf geschossen. Latasha ist auf der Stelle tot.

Wenn du schwarz bist, zählt dein Leben in den Vereinigten Staaten nichts. Die Vergangenheit und Gegenwart beweisen es tagtäglich, so auch in dem in den darauffolgenden Prozess. Die Ladenbesitzerin wird zu einer Bewährungsstrafe, gemeinnütziger Arbeit und 500 $ Strafe verurteilt. Soweit der reale Hintergrund, vor dem Steph Cha (Tochter koreanischer Immigranten) in ihrem Roman die Geschichte zweier Familien erzählt, die durch ein Tötungsdelikt auf unheilvolle Weise miteinander verbunden sind.

2019, Los Angeles. In den Straßen schwillt die Wut wegen wiederholter rassistischer Übergriffe durch die Polizei. Ein Vermummter schießt auf eine Koreanerin, die mit ihrer Tochter auf dem Heimweg ist. Es stellt sich heraus, dass das Opfer vor Jahren ein schwarzes Mädchen namens Ava getötet hat und damit quasi ungeschoren davon gekommen ist. Keine Frage für die Polizei, dass der Schütze Rache nehmen wollte. Und das grenzt die Zahl der Verdächtigen auf die Familie Avas ein.