Rezension

Zurück in die Goldenen 20er

Der große Gatsby, Film Tie-in - F. Scott Fitzgerald

Der große Gatsby, Film Tie-in
von F. Scott Fitzgerald

Die Story: Als es den jungen Nick Carraway in das Städtchen West Egg verschlägt, macht er dort die Bekanntschaft des geheimnisvollen Jay Gatsby, der zwar in Geld zu schwimmen scheint, doch von einem tragischen Geheimnis umgeben wird.

Auf den Punkt gebracht: F. Scott Fitzgeralds stimmungsvoller und sprachlich schön gestalteter Klassiker, Der große Gatsby, überzeugt vielleicht gerade dadurch, dass es keine deutlichen Sympathieträger gibt.

In mehr Worten:

„Als ich noch jünger und verwundbarer war, gab mein Vater mir einmal einen Rat, der mir bis heute im Kopf herumgeht.“

Überrascht Nick direkt zu Beginn von F. Scott Fitzgeralds Klassiker, damit, dass nicht etwa Gatsby oder dessen große Liebe Daisy die Geschichte erzählen. Dies erweist sich als ein cleverer Kniff des Autors, denn so sieht man den Namensgeber des Buches nur von außen und rätselt mit Nick gemeinsam, was in seinem neuen Nachbarn vorgeht.

Dabei ist es leider Segen und Fluch zugleich, dass Nick den Rat seines alten Herrn ernstgenommen, sich konsequent aus allem heraushält und versucht neutral zu bleiben. Als vorteilhaft erweist es sich, wenn Nick sich trotz der wildesten Gerüchte, die um Gatsby kursieren, in seinen engeren Bekanntenkreis vorkämpft. Dem Leser bleibt er dadurch allerdings auch seltsam fremd und nichtssagend, wobei er am meisten durch seine Beobachtungsgabe hervorsticht, die Gatsby und Daisy facettenreich und interessant zeichnet.

„Daisy hat eine indiskrete Stimme“, bemerkte ich. „Sie klingt…“
Ich zögerte.
„Ihre Stimme klingt nach Geld“, sagte er unvermittelt. (S. 151)

Dem lieben Geld widmet Daisy ihr ganzes Dasein, sichert es doch ihre Existenz. Sie ist der Stein, der alles ins Rollen bringt, aber leider auch eine oberflächliche, unselbstständige und unsympathische Person, die mir von Anfang bis Ende zuwider ist. Wahrscheinlich ist ihr Verhalten dem damaligen Frauenbild der 20er Jahre geschuldet, doch ihr Charakter erschwert es deutlich, Gatsbys fieberhafte Besessenheit von ihr nachvollziehbar zu machen.
Erst wenn man das große Ganze sieht, wird klar, dass diese Frau – umhüllt von Glanz und Glorie – alles verkörpert, was Gatsby sein Leben lang suchte.

Gatsby selbst ist ein Mensch voller Mysterien, Widersprüche und unausgesprochenen Wahrheiten. Er wandelt durch die Geschichte, stets darum bemüht, weltgewandt und vorzeigbar zu erscheinen, was etliche Schmeichler anlockt. Doch trotz der Parties, der vielen Gäste und Leute, die über ihn sprechen, ist er ein einsamer Mensch.

„Sie ist herrlich, aber ich begreife nicht, wie du ganz allein darin leben kannst.“
„Ich sorge dafür, dass sie Tag und Nacht voller interessanter Leute ist. Voller Leute, die interessante Dinge tun. Berühmter Leute.“ (S. 115)

Genau wie Nick selbst, fühlt man sich Gatsby auch als Leser nie wirklich nahe, dennoch versteht man die Anziehung, die von ihm ausgeht. Dieser junge Mann steht für den amerikanischen Traum, dafür, trotz seiner Wurzeln mehr zu erreichen, als angenommen wird, aber auch für den Preis, den es manchmal für eine solche Errungenschaft zu zahlen gilt.

Fazit:
Der große Gatsby fängt auf seinen knapp 230 Seiten das Lebensgefühl, die schönen und schrecklichen Facetten der Goldenen 20er ein.
Zwar hat es mich nicht kontinuierlich an die Seiten gefesselt, mich jedoch durch Fitzgeralds wunderschön formulierte Charakterzeichnungen und gekonnte Schreibe beeindruckt.