Rezension

Zuviel Fleißarbeit, zu wenig Inspiration

Wut kommt selten allein - Ralph Neubauer

Wut kommt selten allein
von Ralph Neubauer

Bewertet mit 3 Sternen

Es war mein erstes Buch dieses Autors, insofern war ich neugierig-gespannt auf das Buch. Ich finde es immer interessant, wenn man anhand eines Romans oder Krimis einen Landstrich, eine bestimmte Gegend näher kennenlernt. Um es gleich vorweg zu sagen, dies ist dem Autor gut gelungen. Ich war noch nie in Südtirol, aber ich habe durch die teilweise akribisch reiseführerartig nüchternen Beschreibungen durchaus ein inneres Bild von Südtirol gewonnen. Für mich persönlich wäre übrigens hilfreich gewesen, wenn eine einfache Landkarte die einzelnen Handlungsorte vorstellbar gemacht hätte.

 

Insgesamt gesehen jedoch hat mich das Buch sehr enttäuscht. Aus diesem Grund gebe ich die Handlung der Einfachheit ausnahmsweise anhand des Klappentextes wider. „Gibt es einen Mord ohne Motiv? Schwer vorzustellen für Commissario Fabio Fameo und seinen Freund Carabiniere Tommaso Caruso. Beide ermitteln sie in verschiedenen Fällen und doch gibt es Verbindungen, die spät, sehr spät ans Licht kommen. Auf ihrer Suche nach den Zusammenhängen begegnen die Ermittler der bunten Welt des Schauspiels, in der Gefühle professionell dargestellt werden. Aber was, wenn die auf der Bühne dargestellte Wut der Realität beängstigend nahe kommt? Schauplatz dieses 7. Südtirolkrimis ist das Dorf Tirol und das Südtiroler Unterland.“

 

Erst einmal äußerlich gesehen: Von Anfang an haben mich die vielen, vielen Fehler gestört. Da wird Klein- und Großschreibung sehr großzügig und fehlerhaft gehandhabt (besonders bei Ihre/ihre, Sie/sie, Ihnen/ihnen), oder dass und das wird verwechselt, Buchstaben fehlen, Wortendungen sind grammatikalisch nicht korrekt oder es wird Fusel und Fussel verwechselt, Schloss Burg ist nicht in Wuppertal, sondern in Solingen usw. usw. Hier hätte ein sorgfältiges Korrekturlesen vor Veröffentlichung gut getan.

Zur Handlung: Positiv ist, dass der Leser bis fast zum Ende im Ungewissen bleibt, insofern erhält sich eine gewisse Grundspannung. Doch leider, leider schafft es der Autor nicht, seine Protagonisten dem Leser wirklich näher zu bringen, damit man auch emotional in die Handlung eintauchen könnte. Das gesamte Buch über habe ich das Gefühl, dass der Autor das Buch fleißig-präzise in reiner Kopfarbeit „erarbeitet“ hat, und zwar in einem etwas altmodisch bemühten Sprachstil. In Fleißarbeit werden Lokal- bzw. Heimatwissen über Südtirol oder ausufernde Sach-Erklärungen z. B. zur Wirkweise eines Teilmantelgeschosses dargelegt. Doch damit nicht genug. Der Autor wiederholt Vieles wieder und wieder. Erst wird eine Befragung oder ein Geschehen erzählt, dann denkt jemand über die Befragung oder das Geschehen nach, referiert es nochmals für sich, und schließlich wird die Befragung oder das Geschehen jemand anderem erzählt und der Leser erfährt ein drittes Mal davon. Dass TurTur, der Scheinriese, mehrfach beschrieben wird und dass Stirnfalten „den Denker verraten“ sollen oder dass gar Elisabeth trotz Schwangerschaft Wein trinkt, macht mich zusätzlich ärgerlich. Mehr Inspiration und weniger Fleiß hätten dem Buch gut getan.