Rezension

Zwar ganz nett, aber nicht mein Fall.

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand - Jonas Jonasson

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
von Jonas Jonasson

Bewertet mit 3 Sternen

Allan Karlsson verschwindet an seinem hundersten Geburtstag, wenige Minuten vor seiner Geburtstagsfeier aus seinem Zimmer im Altenheim und tritt eine Reise auf Pantoffeln ins Ungewisse an. Am Busbahnhof entwendet er einem zwielichtigen jungen Mann einen Koffer und bugsiert sich damit in ein ungewöhnliches Abenteuer, in welchem er neue Freunde kennenlernen und von Polizei und Presse gejagt werden wird.
Zu vernachlässigen ist natürlich auch nicht seine Vergangenheit, denn Allan hat schon so einige Dinge erlebt und die ein oder andere sehr wichtige Person getroffen. Man könnte auch berechtigterweise sagen: Die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts hätte anders ausgesehen, wenn Karlsson nicht gewesen wäre.

Das Debüt von Jonas Jonasson ist mittlerweile ein Weltbestseller und wird oft mit Forrest Gump verglichen. Nun war es auch für mich an der Zeit einen Blick in das Buch zu werfen, auch wenn es mich von der Thematik her eigentlich nicht sonderlich angesprochen hat.

Der Autor schafft mit Allan Karlsson einen Protagonisten, der es trotz seiner 100 Lenzen faustdick hinter den Ohren hat und der es versteht zu reden. Nach außen betrachtet wirkt Karlsson teilweise eher beschränkt, ein harmloses Individuum, dem man so manche Dinge verzeiht. Dessen ist sich der Protagonist auch durchaus bewusst und weiß diese Lage sehr gut auszunutzen, weshalb er sich aus den unmöglichsten Dingen herauswinden oder herausreden kann.
Nach seinem Lebensmotto “Es ist wie es ist und es kommt wie es kommt” lässt er sich durch die Weltgeschichte – wortwörtlich – treiben und man staunt als Leser doch darüber, worin dieser harmlose Schwede doch alles verwickelt war.
Auch im hohen Alter wartet wieder ein absurdes Abenteuer auf Karlsson und dabei lernt er neue Menschen kennen, die auf ihre ganz eigene Art und Weise außergewöhnlich sind. Allan hat auch hier wieder Glück, denn für jede Gelegenheit gibt es einen passenden Wegbegleiter und sollte es doch mal zu Schwierigkeiten kommen, so sitzt man diese auf alte Elefantenart einfach aus.

Die Charakterdarstellung und deren Erlebnisse sind durchaus zum Schmunzeln und außergewöhnlich, jedoch bin ich kein Freund von überspitzten, unrealistischen Charakteren. Beim angesprochenen Forrest Gump erklären sich seine Erlebnisse noch durch einen sehr niedrigen IQ und purem Glück sowie Herzensgüte, doch Karlsson scheint einen Gegenpol zu diesem Charakter darzustellen. Er ist sich seines Redetalents durchaus bewusst und auch wenn er sich von den Geschehnissen treiben lässt, so wirkt er dennoch manipulativ und für mich zwar teilweise unterhaltsam, aber auch unsympathisch.

“Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand” lebt von Situationskomik, skurrilen Erlebnissen und abstrakten Charakteren, ist aber für mich nicht wirklich spannend gewesen. Zudem erschien es mir auch so, als ob Jonasson Engstellen in der Geschichte zu lösen versuchte, indem er sich die Situation einfach in eine unlogische, aber passende Art und Weise zurechtschrieb. Die Begleiter Karlssons haben natürlich immer die passenden Fähigkeiten auf Lager oder sind zufällig mit diesem oder jenem Herrn bekannt etc.

Für meinen Geschmack ist dieses Buch zwar ganz nett, aber eben nicht mein Fall. Es war mir schlichtweg alles zu sehr überspitzt, zu unrealistisch und auch zu unsympathisch, als dass ich trotz des flüssigen Schreibstils wirklich warm mit ihm wurde. Für mich als positiv zu werten war hingegen, dass die Erlebnisse aus Karlsson Vergangenheit den Leser zum Nachschlagen und demnach zum Weiterbilden animieren.