Rezension

Zwei Schwestern, deren Begabung zur Berufung wird

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder -

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder
von Antonia Blum

Bewertet mit 5 Sternen

Ein hochinteressanter und spannender Leseausflug in die Anfänge der deutschen Kinderheilkunde

Ein Roman, der mich bereits beim ersten Blick auf das Cover nicht mehr losgelassen hat. Genauso neugierig wie der kleine Junge auf dem Cover war auch ich auf die Geschichte, die mich auf einigen hundert Seiten erwarten würde.

Nach einem herzergreifenden Prolog, in dem ich gemeinsam mit Marlene, Emma und ihrer Mutter den sechsten Geburtstag eines der beiden Mädchen feiern darf, endet dieser Ehrentag auf tragische Weise. Noch in der Nacht ergreifen Marlene und Emma, nun Vollwaisen, regelrecht die Flucht aus ihrem Elternhaus mit der Hoffnung, in der fernen Großstadt Berlin unerkannt untertauchen und ihr weiteres Leben selbst in die Hand nehmen zu können.

Gut, dass sie nicht auf sich selbst gestellt sind, sondern Aufnahme in einem Waisenhaus finden. Auch wenn dort strenge Regeln herrschen wird ihnen eine qualifizierte Schulausbildung ermöglicht, die ihnen letztendlich auch den heißersehnten Ausbildungsplatz als Kinderkrankenschwester an der neu gegründeten Kinderklinik Weißensee ermöglicht.

Ist diese Ausbildung vorrangig Töchtern aus "gutem und betuchtem Hause" vorbehalten, so müssen sich Marlene und Emma bereits von Beginn an zur Wehr setzen und betreiben die Ausbildung deutlich intensiver als so manche Kollegin. Allerdings lässt man sie auch immer wieder deutlich spüren, wo ihr Platz ist.

Marlene und Emma, zwar mit der gleichen Empathie ausgestattet, verfolgen jedoch unterschiedliche Ziele. Die eine verschlingt medizinisches Wissen nahezu wobei die andere die besondere Fähigkeit besitzt, das bedingungslose Vertrauen der ihr anvertrauten Kinder zu gewinnen und zu pflegen.

Beide Charaktere werden sehr sorgsam herausgearbeitet und mit Leben gefüllt. Dabei ein besonderes Augenmerk auf die unterschiedlichen Interessen und dem individuellen Weg, diese zu fordern und zu fördern. Es hat mir sehr große Freude bereitet, diese beiden jungen Mädchen auf ihrem beruflichen, aber auch privaten Weg begleiten zu können. Hinzu kommen Einblicke nicht nur in den Beginn der Kinderheilkunde, sondern auch in das Verständnis und Wirken der Rot-Kreuz-Schwestern. Dies verdient eine besondere Erwähnung, da es sich um den selbstlosen Dienst von Frauen an kranken und verwundeten Menschen im Krieg handelt. Um praktizierte Menschen- und Nächstenliebe, die ohne Ansehen der Person erfolgte.

Besonders spannend für mich auch diverse Fragen zu Kleinigkeiten in Bezug auf Marlene und Emma. Allem voran die Frage nach der Finanzierung der Schulausbildung. Die Lösung dieser Rätsel hat mich verblüfft, aber auch tief berührt. Ein für mich besonderes Highlight in diesem faszinierenden und bemerkenswerten Roman.

Ein wunderbarer und empfehlenswerter Lesegenuss, der glücklicherweise Fortsetzung in einem zweiten Band finden wird.