Rezension

Zwiegespalten

Ich bin Tess - Lottie Moggach

Ich bin Tess
von Lottie Moggach

Bewertet mit 3 Sternen

Ein Buch, dass mich sehr zwiegespalten zurückgelassen hat, da ich mir einerseits etwas anderes vom Inhalt erhofft hatte und mich die Charaktere nicht begeistern konnten, andererseits die Wendung der Geschichte interessant war.

Das Cover gefällt mir richtig gut, ist aber ehrlich gesagt, ist es auch der Grund für meine Fehleinschätzung des Inhalts.
Die Geschichte wird von Leila aus der Ich-Perspektive hauptsächlich in der Vergangenheit, aber auch teilweise in der Gegenwart berichtet. Manchmal wird der Leser auch direkt angesprochen. Sie spielt im London und Sointula (Kanada) der Gegenwart.
Die Geschichte beginnt mit einem Skypegespräch zwischen Tess und Leila, indem Tess Leila berichtet, dass sie Angst vor dem Projekt hat. Das Projekt beinhaltet, dass Leila sich im Internet als Tess ausgibt und mit deren Freunden und Familie kommuniziert, damit Tess sich umbringen kann, ohne dass ihre Angehörigen um sie trauern müssen. Der Kontakt soll langsam immer weniger werden und dann ganz verschwinden. Doch einige Leute lassen sich nicht so einfach abspeisen...
Zuerst einmal muss ich sagen, dass es mir ziemlich schwer fällt dieses Buch zu bewerten, da ich nicht genau weiß, was ich davon halten soll.
Der Einstieg in das Buch ist mir ziemlich schwer gefallen, was zum einen an dem manchmal etwas umständlichen Schreibstil und zum anderen daran lag, dass ich etwas anderes von der Geschichte erwartet habe. Ich dachte, dass Leila wirklich das Leben von Tess übernimmt so wie zum Beispiel in "Das doppelte Lottchen" und sich nicht nur im Internet als Tess ausgibt.
Tess steht am Anfang an der Geschichte sehr im Vordergrund und ist das komplette Gegenteil von Leila. Sie feiert oft und gerne, macht wahllos mit anderen Männern rum und erzählt gerne mehreren Personen verschiedene Versionen einer Geschichte. Ich hätte sie mir viel jünger vorgestellt und nicht damit gerechnet, dass sie neununddreißig Jahre alt ist, da ich dachte, dies wäre ein Jugendbuch. Man merkt schnell, dass Tess ziemlich verwirrt und fertig mit der Welt ist. Leila berichtet über die Geschehnisse ohne, dass sie uns auch nur ansatzweise vorgestellt wird, weshalb sie für mich am Anfang namenlos war. Sie lebt sehr zurückgezogen in einer kleinen Wohnung und ist, was Männer und Partys angeht komplett unerfahren. Dadurch, dass ich Leila am Anfang nicht richtig vorgestellt bekommen habe, war sie einfach irgendeine Person für mich, zu der ich kaum Gefühle entwickelt habe. Zudem hat es mich gestört, dass sie gedacht hat, dass ein Bekannter von Tess, mit dem sie geschrieben hat, etwas mit ihr anfangen wolle. Das war sehr naiv von ihr. Allerdings habe ich Respekt vor ihr, dass sie es so lange mit Tess ausgehalten hat, ohne wahnsinnig zu werden. Auch Tess hat mich weitestgehend kalt gelassen.
Nach dem Kontakt mit Tess ist mir das Lesen des Buches leichter gefallen, da die Unterhaltung von Leila und Tess aufgrund Tess' Ausdrucksweise mir ziemliche Kopfschmerzen bereitet hat.
Für meinen Geschmack ging es mir anfangs zu lange um ein Forum, das sich mit ethischen Themen beschäftigt hat. Dadurch wurde die Geschichte ziemlich langweilig. Auch die Kapitellänge war alles andere als gut für die Spannung, da einige mehr als fünfzig Seiten lang waren und wenig Absetzte hatten, was meinen Lesefluss ziemlich behindert hat. Allerdings fand ich es gut, dass es im letzten Viertel noch eine Überraschung gab, mit der ich nicht gerechnet hätte. Das hat dann doch dafür gesorgt, dass ich nicht eingeschlafen bin bei der Lektüre.
Das Ende fand ich okay, da die Geschichte abgeschlossen war und alles weitestgehend aufgeklärt wurde.