Rezension

Zwiegespalten in mehrerlei Hinsicht

Kalte Wasser - Melanie Golding

Kalte Wasser
von Melanie Golding

Lauren ist frischgebackene Mutter von Zwillingen. Doch statt in ein glückliches Familienleben stürzt sie in einen Albtraum. Noch im Krankenhaus taucht eine etwas verwahrloste Frau auf, ebenfalls Mutter von Zwillingen. Sie schlägt Lauren einen Handel vor; eines von Laurens Kindern im Tausch gegen eines von ihren. Lauren gerät in Panik, versucht ihre Kinder zu schützen. Doch keiner will ihr glauben, dass diese Frau existiert. Lediglich die junge Polizistin Jo Harper zweifelt, ob nicht mehr hinter der Geschichte stecken könnte. Als die Zwillinge dann doch plötzlich entführt werden, geraten alle Beteiligten in einen Strudel aus psychischen Problemen und uralten mythischen Geschichten.

 

Dieses Buch lässt mich etwas zwiegespalten zurück.

Auf der einen Seite zeigen Laurens Erlebnisse zeigen einmal mehr, dass eine Geburt für die Frau nicht wirklich der schönste Tag im Leben ist. Die Schilderung der Geburt ihrer Zwillinge ist schon dramatisch. Und diese Dramatik scheint irgendwie im Laufe der Geschichte fast noch eine Steigerung zu erfahren. Aus der anfänglichen Zuneigung zu den Kindern wird Unsicherheit, die beinahe schon ein wenig in Richtung Ablehnung zu gehen scheint. Ebenso wie aus der Liebe und Vertrautheit zwischen Lauren und Patrick langsam eine Distanziertheit erwächst. Beiden steht die enge Verbindung zwischen den Zwillingen gegenüber.

Auf der anderen Seite steht die Geschichte mit der zweiten Frau mit den Zwillingen im Nachbarbett, die niemand gesehen hat. War es wirklich nur Laurens Phantasie, oder steckt doch mehr dahinter? 

 

Das düstere, geheimnisvolle Cover, die wortgewaltige Sprache und die bildhaften detaillierten Schilderungen in der Leseprobe haben mich neugierig auf das Buch gemacht. Am Ende bleibe ich jedoch etwas ratlos zurück. Habe ich von dem Buch zu viel erwartet? Die ausführlichen Schilderungen der Kinderversorgungen waren mir an manchen Stellen dann doch etwas zu viel des Guten, waren manchmal sogar schon etwas nervig. Die eingeschobenen Mythen und Sagen waren dagegen sehr spannend und haben das Buch wieder interessant gemacht.

Auch die persönlichen Schilderungen von Jo Harper waren sehr glaubhaft in die Geschichte integriert. Durch ihre eigene Vergangenheit wird verständlich, weshalb sie sich so in diesen Fall hinein hängt, obwohl ihr Vorgesetzter den Fall abgeschlossen sehen will. Gemeinsam mit einer Journalistin deckt sie Hintergründe und andere Fälle auf, die nicht nur diese beiden Figuren verwirren, sondern auch beim Leser immer neue Zweifel wecken. Ist diese seltsame Frau Realität und damit eine Bedrohung für Lauren und ihre Kinder, oder entspringt sie doch nur Laurens Phantasie aufgrund einer psychischen Störung? Bis zum letzten Satz bin ich mir hier nicht sicher.

Trotz einiger Schwächen ist der Autorin hier ein Buch gelungen, das es in jedem Fall wert ist gelesen zu werden. Allerdings muss man als Leser offen dafür sein, dass man am Ende vielleicht doch mit Fragen zurück bleibt. Ich persönlich finde das nicht schlimm, da ich geneigt bin an Mythen und Sagen zu glauben, und es reizvoll finde zu überlegen, ob nun die mythische oder die psychologische Seite überwiegt.

Insgesamt mit einigen Abzügen ein durchaus empfehlenswertes Werk.