Rezension

Zwischen den Weltkriegen

Ginsterhöhe -

Ginsterhöhe
von Anna-Maria Caspari

Bewertet mit 4 Sternen

Der Bauernsohn Albert Lintermann kehrt nach dem Ende des 1. Weltkriegs schwer versehrt zurück in sein Heimatdorf Wollseifen in der Eifel. Er ist glücklich, am Leben zu sein, doch die Menschen begegnen ihm angesichts seiner schweren Gesichtsverletzung mit Entsetzen. Seine Frau Bertha macht da keine Ausnahme. 

Albert stürzt sich in die Arbeit, zu viel ist in seiner Abwesenheit auf dem Hof liegengeblieben. Nach einiger Zeit beschließt er, sich einer Operation zu unterziehen, die sein Gesicht im Rahmen der Möglichkeiten wiederherstellt. Auch mit dem Hof läuft es gut, zumal Albert in neue landwirtschaftliche Maschinen investiert hat, die die Arbeit beträchtlich erleichtern. Doch dann wird eine neue Partei, die NSDAP, gegründet, die immer mehr an Macht gewinnt. Trotz Wollseifens abgeschiedener Lage, ist das Dorf für die neue Partei von Interesse. Wie sehr sich dies auf das Schicksal des kleinen Eifeldorfes auswirken wird, ahnt zunächst keiner.

Die Idee zu diesem unter dem klangvollen Pseudonym Anna-Maria Caspari geschriebenen Roman hat mich interessiert: auf Tatsachen basierende Zeitgeschichte, erzählt anhand der Geschichte des Dorfes Wollseifen und seiner fiktiven Bewohner. Die Umsetzung hat mich allerdings nicht ganz überzeugt. Am meisten hat mich gestört, wie unbedarft die Frauen dargestellt werden: Bertha hat Angst, dass ihr Kind mit entstelltem Gesicht auf die Welt kommen könnte, falls sie von Albert erneut schwanger wird. Eine andere Dorfbewohnerin ist enttäuscht, dass der König, der zur Einweihung einer Talsperre den Ort besucht, nicht mit Krone und Hermelinumhang erscheint. Und nachdem die tatkräftigen Männer Wollseifens das Dorf elektrifiziert haben, wundern sich manche Frauen, dass man das elektrische Licht nicht auspusten kann. Alles was recht ist, aber ganz so einfältig hätte die Autorin die Frauen nicht darzustellen brauchen! Außerdem fehlen mir in dieser Geschichte die Abstufungen, alles ist schwarz oder weiß, gut oder böse. Kein Wunder, dass der Bösewicht des Dorfes zu den Ersten zählt, die der NSDAP beitreten!

Ich hatte mir jedenfalls von diesem Roman, der die Geschichte des Dorfes Wollseifen und seiner Bewohner von 1919 bis 1949 beschreibt, mehr Tiefgang versprochen. Aber wahrscheinlich bin ich einfach im falschen Genre gelandet.