Rezension

Zwischen Der Circle und Fifty Shades of Grey, weniger Wissenschaftsthriller

Connect - Julian Gough

Connect
von Julian Gough

Bewertet mit 3.5 Sternen

Dr Naomi Chang arbeitet in der nahen Zukunft an einem Verfahren der Biotechnologie, das nach schweren Verletzungen das Zellwachstum im menschlichen Körper beschleunigen könnte. So wie ihren Versuchs-Raupen sollen  auch Menschen zerstörte Körperteile nachwachsen können. Während Naomi noch  zögert, ihre Versuchsergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen, heften sich ihr überraschend zwei Probleme an die Fersen. Ihr 18-jähriger Sohn Colt, mit einem deutlichen Problem aus dem Autismus-Spektrum, hat sich in Naomis Daten gehackt und ihr Verfahren heimlich fertiggestellt. Colt will Naomi schlicht ein paar Tage aus dem Haus haben, um eigene Ziele zu verfolgen, indem er sie mithilfe vollendeter Tatsachen auf einen Kongress in New York nötigt. Naomis Exmann Ryan jedoch erklärt (im Auftrag einer NSA-Nachfolgeorganisation) ihre Forschungsergebnisse  für militärisch so bedeutend, dass sie keinesfalls an die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Auch Ryan hackt sich in Naomis Leben, ihre Sorge um den autistischen Colt dient ihm dabei als Werkzeug. Der 18-Jährige trägt 24 Stunden am Tag einen VR-Helm und kann das Haus praktisch nicht verlassen, um seine Spielstände als Online-Gamer nicht zu verlieren. Colt spielt nicht nur, er codet auch und hat sich in der Gamer-Szene zum angesehenen Programmierer hochgearbeitet.  Da Naomi Colt allein für nicht überlebensfähig hält, ist auch sie überzeugt, dass sie das Haus nicht ohne fatale Folgen verlassen kann. Durch einen Akt jugendlicher Selbstüberschätzung wird Colt jedoch zum Auslöser einer spannenden Verfolgungsjagd in der feindlichen Außenwelt.

In Julian Goughs  Roman geht es um Mustererkennung, um die totale Kontrolle von Menschen per Künstlicher Intelligenz, die Grenzen menschlicher Analysefähgikeit und um den verschwimmenden Grenzbereich zwischen virtueller und realer Welt. Für Colt ist es eine schockierende Begegnung, als seine angebetete Spielfigur Snow Queen höchst lebendig vor der Tür steht.

Connect erlebe ich weniger als Wissenschaftsthriller, sondern als groteske, durchaus komische Coming-of-Age-Geschichte eines Hikikomoris, dekoriert mit einigen lustigen Überwachungstechnologien. Ähnlich wie in „Der Circle“ wirkt in „Connect“ die weibliche Hauptfigur (hier z. B. trotz Wissenschaftlerkarriere in ihrem Umgang mit Colts Autismus) einfach zu unbedarft, um bei mir Lesefreude auszulösen. Genau der Typ, der offenbar  den weltweiten Erfolg eines Romans garantiert.

Der Observer siedelt „Connect“ zwischen „Matrix“,  „Der Circle“ und „Fifty Shades of Grey“ an. Das konnte ich mir zu Beginn des Buches zwar noch nicht vorstellen, aber wer weder den Circle noch  Shades of Grey mochte, sollte seine Erwartungen an das Buch besser herunterschrauben.