Rezension

Zwischen Pflicht und Liebe

Frau Beethoven - Verena Maatman

Frau Beethoven
von Verena Maatman

Bewertet mit 5 Sternen

„..Sie wusste in diesem Moment, dass dieser Mann sie niemals loslassen würde. Es war nicht nur sein Äußeres, das ihr Herz schneller schlagen ließ, es waren nicht nur sein Witz und seine Charme, nein, es war diese Musik, die ihr Innerstes erfüllte...“

 

Diese Worte gehen Josephine durch den Kopf, als sie Ludwig van Beethoven kennenlernt. Da ahnt sie noch nicht, was diese Liebe für sie bedeutet.

Es ist das Jahr 1799, als Josephine mit ihrer Mutter und ihrer 24jährigen Schwester aus dem ungarischen Martonvasar nach Wien reist. Der Vater lebt nicht mehr, und die Mutter hält es für geboten, ihre Töchter der Öffentlichkeit vorzustellen, damit sie den richtigen Ehemann finden. Außerdem plant sie, dass der junge Musiker und Komponist Ludwig van Beethoven ihre Töchter am Klavier unterrichten soll.

Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Ihr ist es ausgezeichnet gelungen, den Geist der Zeit wiederzugeben. Das zeugt von exakter Recherche.

Der Schriftstil lässt sich zügig lesen.

Gut beschrieben wird das Wien der damaligen Zeit. Josephines Mutter, die einst Hofdame bei Maria Theresia war, weiß, was in Adelskreisen üblich ist. Und das macht sie ihren Töchtern unmissverständlich klar.

Noch 1806, bei der Komposition seiner La Passionata, hat Beethoven die Hoffnung auf eine Zukunft mit Josephine nicht aufgegeben.

 

„...Eine wunderbare Melodie musste ausgearbeitet und wieder geschliffen werden wie ein Rohdiamant. So würde es auch mit ihm und Josephine sein...“

 

Dass Beethoven von Anfang von Josephine beeindruckt war, zeigt sich sicher auch darin, dass er dem Unterricht zustimmte. Bisher hat er dies bei vielen anderen immer abgelehnt.

Deutlich kommt zum Ausdruck, dass sich zwar der Adel mit Beethoven und seinem Können schmückte, er aber lange nicht wirklich dazugehörte. Als Heiratskandidat war er schon mal außen vor. Selbst die Titel der Kompositionen, die er für Josephine schrieb, mussten gut überlegt sein. Auch musste er Rücksicht auf seinen Mäzene nehmen, der ihn finanziell absicherte. Das klingt dann so:

 

„...Wie oft muss ich den Bückling machen, obwohl ich aufbegehren will. Ich muss mein Temperament drosseln wider meine Natur...“

 

Hier kommt klar zum Ausdruck, dass Beethoven kein einfacher Charakter war. Mit schönen Sprachbildern gelingt es der Autorin, seine Musik erlebbar wiederzugeben und sein Können als Pianist zu würdigen.

Entgegen ihrem Willen wird Josephine mit dem deutlich älteren Joseph Müller verheiratet. Trotzdem ist die Ehe glücklich. Er geht auf ihre Interessen ein und lässt ihr viel Freiheiten. Anders als es damals üblich war, regelt Joseph seinen Nachlass. Er sorgt dafür, dass Josephine nach seinem Tod die Verwalterin des Vermögens und der Vormund der Kinder wird. Was gut gemeint war, hat zwei Schattenseiten. Zum einen ist das Vermögen rasant im Schwinden begriffen, zum anderen würde Josephine bei einer Heirat mit Beethoven die Vormundschaft für die Kinder verlieren. Da Beethoven nicht von Adel ist, kann sie dies auch nicht an ihm übertragen.

Die Geschichte wird über weite Strecken aus Josephines Sicht erzählt. Das zeigt sich insbesondere in der Beschreibung ihres weiteren Lebens, aber auch in ihrer inneren Zerrissenheit. Sie fragt sich nicht nur einmal, ob sie sich Beethoven als Vater ihrer Kinder aus erster Ehe vorstellen könnte. Und sie wägt die Chancen einer Ehe mit deren Risiken ab.

Während sie bei Beethoven genau überlegt, was sie tut, geschieht das gegenüber anderen Männer nicht. Dadurch nimmt ihr Leben erneut eine unerwartete Wendung.

Ein ausführliches Nachwort und ein Personenverzeichnis runden die Geschichte ab.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Am Ende bleibt die Frage: Hätten sie eine Chance gehabt, wenn sich Josephine an den Wendestellen ihres Lebens anders entscheiden hätte oder haben die Zeitverhältnisse gar kein anders Szenarium zugelassen? Eine Frau zwischen Pflicht und Liebe, die sich letztendlich für die Pflicht entschieden hat und daran zerbrochen ist – genauso sehe ich Josephine.