Rezension

Zwischen Wahn und Wirklichkeit

Die Rabentochter
von Karen Dionne

Bewertet mit 5 Sternen

Vor fünfzehn Jahren hat die damals 11jährige Rachel Cunningham ihre Mutter erschossen - jedenfalls ist es das, woran Rachel sich erinnert. Seither lebt sie in einer psychiatrischen Klinik, mittlerweile auf freiwilliger Basis. Aber inzwischen ist in Rachel der Wunsch erwacht, mehr über die damaligen Geschehnisse herauszufinden. Trevor Lehto, ein angehender Journalist und Rachels Schwarm, beginnt Fakten über den alten Fall zusammenzustellen und Rachel nimmt das als Anlaß, die Klinik zu verlassen und in das alte Familiendomizil, dem Ort des Geschehens,  zurückzukehren.

Die Geschichte beginnt mit einem kurzen Zwiegespräch zwischen Rachel und einer Spinne - was schon ein bisschen merkwürdig anmutet. Aber dieser Anfang findet in einer psychiatrischen Klinik statt, was das Ganze dann relativiert. Aber Rachels Fähigkeit mit Tieren zu sprechen bleibt in der gesamten Geschichte ein wiederkehrendes Thema.

Die Klinik

Rachel lebt schon seit 15 Jahren in dieser Einrichtung, aber der wahre Grund bleibt ein bisschen unklar. Entweder hat sie ihre Mutter erschossen - das sagt ihr ihre Erinnerung - oder sie hat gesehen, wie ihr Vater erst ihre Mutter und dann sich selbst  getötet hat. Das sagt der Polizeibericht zu den Ereignissen. Alle Therapieversuche und Medikamente konnten ihr nicht helfen und sie sieht sich selbst immer noch als Mörderin.

Die Suche

Trevor Lehto, der Bruder eines Mitpatienten, will Rachels Fall noch einmal aufrollen und beginnt, sich mit den Fakten zu beschäftigen. Dabei stößt er auf die eine oder andere Ungereimtheit was in Rachel den Wunsch weckt, der Geschichte wirklich auf den Grund zu gehen. Dafür reist sie zu Familienanwesen, einem alten Jagdschloss, dass von ihrer Schwester Diana und ihrer Tante Charlotte bewohnt wird.

Heute und damals

Danach wechselt die Geschichte zusätzlich immer noch zwischen Rachels Erinnerungen, die mit “Jetzt” betitelt sind und den Erinnerungen ihrer Mutter Jenny die den Titel “Damals” tragen. Diese Kapitel sind immer in der ersten Person verfasst und haben bei mir durchaus schon mal für Schnappatmung und Herzrasen gesorgt. Weitere Kapitel aus Jennys Sicht tragen den Titel “Dann” und beschreiben die Ereignisse die zu den Morden führten.

Der Unfall

Jenny ist  Wildtierbiologin und nach einem tragischen Unfall, wenn es denn ein Unfall war, muss mit ihrer Familie aus der Nachbarschaft fliehen und hofft in der Einsamkeit des Familiensitzes Ruhe und einen Platz zum Arbeiten zu finden. Die Schwierigkeiten mit ihrer Tochter Diana, die  frühreif, manipulativ und psychotisch ist, gehen hier weiter. Die Eltern versuchen das alles geheim zu halten, aber ich verstehe nicht warum. Es wäre sinnvoller gewesen, dem Kind Hilfe zukommen zu lassen, statt es zu verstecken.

Die Fehler

Ich kann so überhaupt nicht nachvollziehen, wie Eltern, die an sich liebevoll, fürsorglich, gebildet und intelligent sind, so viele wirklich lächerliche Fehler machen. Je mehr ich über die Kindheit von Diana und Rachel erfahre, umso gruseliger und absurder finde ich das alles. Aber es ist eben auch spannend und faszinierend, zuzusehen, wie all das auf ein wirklich schauriges Finale zusteuert.

Eine Warnung

Ich fand diese Geschichte so ganz anders als Die Moortochter, aber mindestens genauso beeindruckend. Allerdings gibt es immer wieder Szenen innerhalb der Geschichte, die schon sehr blutig und sehr brutal sind. Wer ein Problem damit hat, schon recht explizite Schilderungen von Tierquälerei zu lesen, sollte dieses Buch vielleicht besser nicht lesen.

Mein Fazit:

Die Rabentochter von Karen Dionne ist ein faszinierender, beeindruckender Psychothriller, der allerdings leider ein bisschen zu vorhersehbar endet. Allerdings finde ich den Weg zur Lösung so spannend, dass ich damit gut leben kann.