Rezension

Zwischenmenschliches am Wiener Kongress

Küsse am Wiener Kongress - Sophia Farago

Küsse am Wiener Kongress
von Sophia Farago

Bewertet mit 5 Sternen

Ein überaus unterhaltsamer und bestens recherchierter historischer Liebesroman zu Zeiten des Wiener Kongresses.

Zum Inhalt:

Nach der Besiegung Napoleons und dessen Exil auf Elba treffen sich gekrönte Häupter und Spitzendiplomaten im Jahre 1814 in Wien, um die Neuordnung Europas zu verhandeln.

Zur britischen Delegation rund um Außenminister Castlereagh zählen auch der verwitwete Herzog of Landmark, der von seinem Adjutanten Bertram Barnett, dem gerade volljährig gewordenen Viscount of Panswick, begleitet wird. Ihnen zur Seite steht Bertrams ebenfalls verwitwete Cousine Agatha, um an der Tafel des Herzoges als Gastgeberin zu fungieren und sich um dessen dreizehnjährige Tochter Lizzy zu kümmern. Zugleich hofft Agatha, ihre verschwundene Schwester in Wien zu finden.

Bereits vom ersten Tag der Reise an liegen sich der traditionelle Landmark und die selbstbewusst, weitgereist und gebildet Agatha in den Haaren. Nach einer kühlen Kosten-Nutzen-Rechnung bittet sie der Herzog um ihre Hand, doch Agatha, die bereits mehr für ihn empfindet, stellt Bedingungen.

Gleichzeitig wandelt auch Bertram auf amourösen Spuren, jedoch scheint seine angehimmelte Hanni nicht standesgemäß. Im Falle einer Ehe würde er die Gesellschaft und Familie brüskieren.

 

Meine Meinung:

Bei KÜSSE AM WIENER KONGRESS handelt es sich bereits um den 4. Teil der Lancroft Abbey Reihe, jedoch kannte ich bislang kein Werk der Autorin Sophia Farago und bin ich erst mit diesem Band eingestiegen.

Bereits zu Beginn wird auf die Familiengeschichte von Lancroft Abbey samt einer Liste der wichtigsten Personen und Begriffe im Anhang verwiesen, mit dessen Hilfe ich problemlos in den 4. Teil einsteigen und mitgerissen wurde.

Sophia Faragos flüssiger Erzählstil besticht vor allem durch mit ihrer Dialogstärke (überaus unterhaltsame Wortgefechte zwischen dem Landmark und Agatha) und ihren fundierten Geschichts- und Ortkenntnissen. Alleine die Beschreibung der strapaziösen Anreise nach Wien lässt einen perfekt in die damalige Zeit eintauchen.

 

Als Fan von Büchern, in denen Wien Handlungsspielort ist, war das Buch ein wahrer Lesegenuss für mich! Und obwohl ich dachte, über die Zeit des Wiener Kongresses bestens unterrichtet zu sein, konnte mich Sophia Farago mit interessanten (und ekeligen) Details überraschen.

Besonders gelungen erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass sie Wien nicht nur aus der Sicht der Gäste beschreibt, bei welchen das österreichische Kaiserhaus durch Opulenz und Prunk zu punkten trachtete, sondern auch immer wieder Einblicke und Eindrücke der Wiener Wohnbevölkerung zum Spektakel der damaligen Zeit einfließen lässt.

Dass auch die Rolle der Frau und beginnende Emanzipation am Beispiel der Wiener Salons oder Kaffeehaus-Tradition aufgezeigt wurde, hat mir zudem sehr gut gefallen.

 

Köstlich sind auch die interkulturellen Missverständnisse, wenn Briten auf WienerInnen treffen, insbesondere im Falle Bertrams, bei dem nur bedingt seine unzureichenden Deutsch-Kenntnisse ins Vordertreffen geführt werden können, sondern vielmehr seine jugendliche Unerfahrenheit und Naivität, die phasenweise beinahe schon schmerzhaft für den Leser ist.

Abgerundet wird der positive Gesamteindruck durch die beobachtbare Entwicklung des Landmarks, der sein traditionelles Frauenbild – auch unter Berücksichtigung, wie er sich das zukünftige Leben seiner Tochter Lizzy wünscht - weiterzuentwickeln vermag.

 

Fazit:

Ein überaus unterhaltsamer und bestens recherchierter historischer Liebesroman zu Zeiten des Wiener Kongresses. Ich werde mir auch die Vorgängerbände gönnen, um zu sehen, ob die gesamte Lancroft-Abbey-Reihe ebenso fesselnd ist oder ob mich Band 4 wegen der wunderbaren Wien-Beschreibungen vereinnahmt hat.