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10 Jahre acabus Verlag. Die große acabus Jubiläums-Anthologie - Torsten Weitze, Stefan Schickedanz, Heinz-Joachim Simon, Gabriele Albers, Markus Walther, Sabine Adatepe, Sibylle Narberhaus, Esther Grau, Thomas Christen, Monika Loerchner, Chriz Wagner, Michaela Abresch, Brigitte Bjarnason, Sven R. Kantelhardt, Caroline Declair

10 Jahre acabus Verlag. Die große acabus Jubiläums-Anthologie

von Torsten Weitze Stefan Schickedanz Heinz-Joachim Simon Gabriele Albers Markus Walther Sabine Adatepe Sibylle Narberhaus Esther Grau Thomas Christen Monika Loerchner Chriz Wagner Michaela Abresch Brigitte Bjarnason Sven R. Kantelhardt Caroline DeClair

Operation Decem (Gabriele Albers)

Berlin, Februar 2051 Die Gestalt, die sich vor ihr in dem bodentiefen Fenster spiegelte, war nur noch eine Hülle. Ein provisorischer Rahmen für die große Leere in ihr. »Wir müssen die Friedrichstraße aufgeben, Gwen.« Elli stand neben ihr und schaute zu ihr hoch. Elli. So zierlich. So zerbrechlich, aber mit einer Energie, die für fünfzig Frauen reichte. Während sie selbst - Gwen, eine Frau wie ein Baum, schoss ihr die alte Hänselei durch den Kopf - nur noch nach einem Ort suchte, an dem sie ungestört sterben konnte. Die Fernglasfunktion ihrer Vidjas erlaubte den beiden Frauen den Blick auf die Kämpfe, die mehrere Häuserblocks entfernt in den Schluchten der Friedrichstraße tobten. Ihre eigenen Truppen, gekleidet in dunklem Violett, hatten den grünen Uniformen der Preußischen Armee in diesem Straßenkampf nicht mehr viel entgegenzusetzen. Gwen drehte den Spielzeugpanzer in den Händen. Sie hatte ihn für Jérômes zehnten Geburtstag gekauft. Wenn ihr kleiner Bruder Krieg spielte, stand er immer auf der Seite der Gewinner. Ihre ganze Familie stand auf der Seite der Gewinner. Wann hatte sie die Seite gewechselt? »Zeit für den Rückzug«, sagte Elli und klang dabei so kühl und gefasst wie immer. Aber in ihren Augen konnte Gwen die Verzweiflung sehen. Noch bevor Elli den Befehl geben konnte, flüchtete ein großer Teil der lilafarbenen Uniformen in fast alle Himmelsrichtungen. »Das ist jetzt nicht wahr, oder?« Gwen überprüfte ihre Vidja auf einen Fehler in der Anzeige. Aber die Übertragung funktionierte einwandfrei. »Die können nicht einfach abhauen, diese Arschlöcher!« Um Ellis Mund vertieften sich die Falten. Der Rest ihres Gesichtes blieb völlig unbewegt. »Ich hatte davor gewarnt, uns zu sehr auf Söldner zu verlassen.« »Die verdammten Söldner werden dafür bezahlt, unseren Frauen den Rückzug zu ermöglichen. Befiehl ihnen, die Stellung zu halten!« »Zu spät.« Elli war ihr bereits zwei Schritte voraus. Wie immer. Sie hatte den einzig verbliebenen Fluchtweg ausgemacht und die verschlüsselte Vidja-Verbindung zur Kommandantin geöffnet: »Pirco, zurück zum Gendarmenmarkt. Sofort!« Die Frauen organisierten ihren Rückzug halbwegs geordnet, während die Söldner kopflos durch die Straßen rannten. Die gegnerischen Drohnen folgten den Frauen. Alle, ausnahmslos alle hatten tödliche Fracht an Bord. Ihre eigenen Drohnen hatte General Gründling mit einem Virus schachmatt setzen lassen. Sie, Elli und all die anderen Frauen hatten gehofft, durch Technik diesen Krieg gewinnen zu können. Ohne eigene Opfer. Wie naiv. In der Französischen Straße explodierte ein Sprengsatz. Sobald sich der Staub gelichtet hatte, sah Gwen die zerrissenen Körper. Sie konnte nicht länger zuschauen. Mit einem kurzen Druck auf den Manschettenknopf in ihrem Hemdsärmel schaltete sie die Übertragung der Kämpfe aus. Elli tat es ihr gleich. Die beiden Frauen kehrten an den Tisch zurück und betrachteten das Modell darauf, das Berlin aus der Vogelperspektive zeigte. Violett leuchteten die Straßenzüge, die sie unter ihre Kontrolle hatten bringen können, grün die anderen. Das östliche Zentrum war nach wie vor komplett violett, genauso wie die Viertel, die von dort nach Osten führten. Dieses Gebiet hatten sie, von Fürstenwalde kommend, in wenigen Tagen erobert. Die Frauen Berlins hatten sich ihnen sofort angeschlossen. Der »Emanzenaufstand«, wie alle Nachrichtendienste sofort getitelt hatten, war auf keinerlei Widerstand gestoßen. Maximilian Freiherr von Bieberstein, der Kanzler, hatte mit ihnen verhandeln wollen. Allein das war ein Riesenerfolg gewesen, wo doch seine AfP erst vor kurzem dafür gesorgt hatte, dass das archaische Frauenbild der Partei Teil der Verfassung wurde: »Der erste, beste und jeder Frau zustehende Platz ist in der Familie. Die vorrangige Pflicht und Aufgabe der Frau besteht darin, ihrem Volk Kinder zu gebären.«

Rezensionen zu diesem Buch

Bunte Mischung

Die Anthologie enhält zehn Kurzgeschichten, die sich auf irgendeiner Art und Weise mit der Zahl 10 beschäftigen. Die Auswahl ist sehr abwechslungsreich und besonder schön ist auch die vorangehende Vorstellung der Autoren und Erklärungen, ob die Kurzgeschichte zu Büchern gehört oder alleinstehend entstanden ist. Die Abwechslung war wirklich sehr angenehm und hat an vielen Stellen Lust auf mehr gemacht.

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Weitere Infos

Art:
eBook
Sprache:
deutsch
ISBN:
9783862826278
Erschienen:
November 2018
Verlag:
Acabus Verlag
10
Eigene Bewertung: Keine
Durchschnitt: 5 (1 Bewertung)

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