Buch

Die Welt der Wikinger - Arnulf Krause

Die Welt der Wikinger

von Arnulf Krause

Vorwort

Wikinger - dieses Wort weckt Bilder von Drachenbooten in tiefen Fjorden und auf stürmischer See, von wagemutigen Männern mit rauen Sitten, von Waffenklang und reichen Schätzen. Damit verbinden sich Abenteuerlust und Beutegier, Fernweh und Skrupellosigkeit ohne moralische Schranken. Die Wikinger gelten als die letzten Heiden des Nordens, die Odin, Thor und zahlreiche andere Gottheiten anbeteten. Ihr viel zitierter Schicksalsglaube sah sie als Schlachttote in Walhall einziehen, dem Kriegerparadies Odins, wo ihnen Walküren den Met ausschenkten. Doch selbst dort fanden die Wikinger keine ewige Ruhe, sondern bereiteten sich auf die letzte Schlacht am Ende aller Zeiten vor: In der Götterdämmerung würden sie gegen die dämonischen Mächte der Finsternis ins Feld ziehen und mit ihren Göttern untergehen ... Dergestalt genießen die Männer aus Nordeuropa Berühmtheit und anscheinend unsterblichen Ruhm fast ein Jahrtausend nach ihrer Zeit. Mit den ihnen zugesprochenen Schlagworten wie Ehre, Mut, Rache, Runen, Edda und Sagas sowie den sagenhaften Drachenbooten bedienen sie romantische Gefühle, fantastische Geschichten und esoterische Bedürfnisse. Vor 1945 vereinnahmte man in Deutschland die Skandinavier sogar als historische Blutsverwandte, gewissermaßen als vorbildgebende Zierde des Germanentums. Hinter solchen Gespinsten aus Mythen, Klischees und Ideologien verbirgt sich ein Volk des frühen Mittelalters: die Vorfahren der Dänen und Schweden, der Norweger, Isländer und Färöer. Was es von ihnen nach bestem Wissen zu berichten gibt, entlarvt nicht alles Gesagte als falsch, entpuppt die Wikinger aber doch als ganz anders! In die Annalen der Jahrhunderte von 793 bis 1066 trugen sie sich als beutegierige Piraten ein, denen Menschenleben wenig galten. Von Irland bis nach Italien und vom Ebro bis zur Elbe verbreiteten ihre Schiffe Angst und Schrecken. Klöster, Handelsplätze, ganze Städte ließen sie in Flammen aufgehen. Für das Reich der Franken, aus dem Deutschland und Frankreich hervorgingen, symbolisierte ein Ereignis am sinnfälligsten die Schmach jener Überfälle und Raubzüge: Die Männer aus dem Norden entweihten die ehrwürdige Aachener Pfalzkapelle Karls des Großen als Pferdestall. Aber solche Schreckensmeldungen sind nur ein Teil der historischen Wahrheit um die sagenumwobenen Wikinger. In Wirklichkeit nutzten die Nordleute vom Rande Europas als gute Pragmatiker schlicht die Gelegenheiten, die sich ihnen boten. So machten sie aus dem frühen Mittelalter ihr Zeitalter - das der Wikinger. Sie waren die Global Player ihrer Epoche. Dabei entwickelten sie eine Dynamik, die ihresgleichen suchte. Obwohl die Skandinavier daheim in bescheidenen Bauerngesellschaften lebten, bestimmten sie die Geschicke Europas entscheidend mit. Die Wikinger waren nicht die Herren der Welt und begründeten keine Imperien; gleichwohl hinterließen sie Spuren bis in die Gegenwart - von Amerika bis Russland. Um Beute und Gewinn zu machen, um ertragreiche Landwirtschaft zu betreiben und Macht zu erringen, schlüpften sie in die verschiedensten Rollen: Als Bauern und Fischer kolonisierten sie Island und die anderen Inseln des Nordatlantiks; als Entdecker kamen sie nach Grönland und Kanada; als Piraten terrorisierten sie Europa; als Söldner kämpften sie in England, an der Seine und am Bosporus; als Händler erschlossen sie neue Routen, die sie tief nach Russland und bis Bagdad führten; als Krieger und Politiker errangen sie zeitweilig den englischen Königsthron, begründeten die nordfranzösische Normandie (das "Land der Nordmänner") und waren maßgeblich an den Gründungen der frühen russischen Staaten von Nowgorod und Kiew beteiligt. Die Wikinger erwiesen sich als ausgesprochene Realisten, die zur Erreichung ihrer Ziele alle Möglichkeiten ausschöpften und eine erstaunliche Flexibilität an den Tag legten. Sie arbeiteten als Bauern und Fischer, aber auch als Händler, Seeräuber und Söldner. Mancher Skandinavier des frühen Mittelalters vereinte sämtliche Rollen in einer Person - um den zumeist kargen Lebensumständen des Nordens zu entkommen und Profit zu machen. Noch immer gibt der Boden Nordeuropas und ehemaliger Wikingergebiete Schätze preis, die von den wie auch immer erworbenen Reichtümern zeugen: Tausende von Silbermünzen aus vieler Herren Länder, Schmuckstücke, ehemalige Kirchenschätze und vieles mehr. So trugen die Wikinger zum Wandel der Welt vor 1?000 Jahren bei - und veränderten sich selbst. Entgegen dem Klischee vom traditionsverbundenen nordgermanischen Krieger und Anhänger Odins setzten sie sich auch in ihren Heimatländern mannigfaltigen Einflüssen aus. Aus allen Himmelsrichtungen strömten Waren, Reisende, Ideen und Glaubensvorstellungen dorthin. Die Skandinavier standen für fast drei Jahrhunderte im Brennpunkt der Weltgeschichte und wurden zu einem Versuchsfeld der Kulturen. Schließlich waren sie in ihrer Zeit den größten Veränderungen ausgesetzt: Die modernen Nationen Nordeuropas entwickelten sich, ihre Sprachen veränderten sich, ihre Menschen nahmen das Christentum an, Städte wurden gegründet ... Und damit wurden die Pragmatiker der Macht und des Gewinns letztendlich selbst Geschichte, denn fortan hatten sich die nun herrschenden christlichen Könige und Gesellschaften der Wikinger den Glaubensbrüdern des Abendlandes anzupassen. Was blieb, war die Erinnerung an jene Zeit, als ein an sich unspektakuläres Bauernvolk auszog, in der Welt berühmt und berüchtigt zu werden. Bei aller aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse gebotenen Nüchternheit verbinden sich Geschichte und Abenteuer selten so intensiv wie in der Zeit der Wikinger. Das vorliegende Buch trägt dem Rechnung: Ohne zu dämonisieren oder zu idealisieren, bietet es ein vielfarbiges Kaleidoskop der Welt der Wikinger mit all ihren bunten wie düsteren Farben.

Rezensionen zu diesem Buch

Informatives Sachbuch, welches sich dank den Exkursen flüssig lesen lässt

Das Sachbuch „die Welt der Wikinger“ wurde von Arnulf Krause geschrieben. Das Buch ist am 01.09.2006 im Campus Verlag erschienen und umfasst 297 Seiten.

 

Arnulf Krause gilt als Fachmann für germanische Heldensagen und Dichtungen der Edda. Zudem ist er Honorarprofessor für ältere für ältere skandinavische Sprache und Literatur und Lehrbeauftragter am Institut für Germanistik, vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität Bonn. (Quelle: Wikipedia)

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Weitere Infos

Art:
eBook
Sprache:
deutsch
Umfang:
297 Seiten
ISBN:
9783593401607
Erschienen:
September 2006
Verlag:
Campus Verlag GmbH
10
Eigene Bewertung: Keine
Durchschnitt: 5 (1 Bewertung)

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