Rezension

Sehr gut

Alte Eltern -

Alte Eltern
von Volker Kitz

Bewertet mit 5 Sternen

Ausnahmesituation

„Alte Eltern“ von Volker Kitz 
ist eine besondere und gelungene Betrachtung und Abhandlung über das beschwerliche Leben im Alter, vor allem wenn sich Demenz dazu gesellt. 
Das Cover ist besonders gut gelungen, mit dem grünen Blätterkranz, der roten Schrift, alles richtig platziert. 
Dem Autor ist es gelungen ein sehr emotionales Thema anzugehen. 
Das Thema wurde zu seiner eigenen Geschichte und die seines Vaters, der sich langsam in einer Demenz wiedergefunden hat. Der plötzliche Tod der Mutter veränderte die Situation in der Familie. Sein Vater veränderte sich sehr langsam aber stetig in einen hilflosen Zustand. Er konnte bald nicht mehr in seinem Haus alleine leben. Sein Langzeitgedächtnis war noch auf Zack, aber alles im Hier und Jetzt rückte immer mehr ab. Herr Kitz holte seinen Vater zu sich nach Berlin in eine Seniorenresidenz in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung. Es war im eigentlichen Sinn ein Pflegeheim für Menschen mit Demenz . Der Autor nennt das Wort „Kümmern“ als ein Wort seiner Generation. Ja, die Zuständigkeit hat sich geändert, die Eltern können keine Hilfe mehr leisten, sie brauchen jetzt ihre Kinder. Das alles muss man erst mental akzeptieren und dann auch akzeptieren und umsetzten. Mit viel Geduld und Zuwendung gelingt es Herrn Kitz mit seinem Vater auf eine neue Weise umzugehen.
Das Buch ist sehr emphatisch verfasst und kann vielen Menschen etwas mehr Verständnis für ihre alten Eltern die ihre Hilfe benötigen näher bringen. Die einzelnen Situationen zeigen welche Gefühle bei Eltern wie auch den helfenden Kindern aufkommen. Alles muss verarbeitet werden, da ist dieses Buch wirklich hilfreich. 
Ein berührendes, sehr persönliches Buch über die zunehmende Demenz des Vaters und die Versuche des Autors, zu verstehen, damit umzugehen, zurechtzukommen. Ein wichtiges, notwendiges Buch, das alle lesen sollten, deren Eltern „betagt“ sind. Ein Buch, das nichts beschönigt, das schmerzt, aber auch hilft und tröstet, wenn man sich in einer ähnlichen Situation befindet.
Der schleichende Prozess des Vergessens, die Orientierungslosigkeit die zunimmt, das Verlieren der körperlichen Bedürfnisse, es wird alles angesprochen. 
Auch der Ausnahmezustand den die Angehörigen der kranken Eltern erleiden und auf wenig Verständnis in ihrem sozialen Umfeld stoßen. Man spricht nicht gerne über solche Themen, die werden besser totgeschwiegen. Solche Auseinandersetzungen will man nicht gerne. So tragen es die Betroffenen selber mit sich aus, was die Anstrengung dieser schweren Zeit nicht verbessert. Es ist schon manch einer der pflegenden oder begleitenden Angehörigen in eine Depression gerutscht. 
Der Autor hat alles ganz gut und mit viel Liebe und Verständnis zu seinem Vater gemeistert. 
Insgesamt ist dieses besondere Buch sehr bewegend, da es die interessierten Leser dazu anregt, sich mit dem unausweichlichen Geschehens des Alterns auseinanderzusetzen. Ich denke dieses Buch zeigt auch wie wichtig gesunde familiäre Strukturen für die jeweilige Generation sind. Bei diesem Vater und seinem Sohn war es so, sonst hätte es nicht so behutsame und sorgende Situationen gegeben. Ein Buch mit viel Tiefgang, welches für den ein oder anderen Leser einen Perspektivenwechsel nach sich zieht.