Rezension

Bist du okay?

It's lonely at the centre of the earth -

It's lonely at the centre of the earth
von Zoe Thorogood

Bewertet mit 5 Sternen

Eine mutige Graphic Novel. Es braucht ein bisschen Mut auch von den Lesenden, mit dem assoziativen Flow zu gehen und sich durch die Panels treiben zu lassen. Vielleicht hätte ich mir auch noch ein bisschen mehr Input zum Kampf zwischen Depression und Kunst gewünscht. Aber wir teilen das, was wir teilen können. Künstlerisch durchgehend stark gezeichnet und mit einer klaren Stimme gesprochen.

„It’s lonely at the centre of the earth“, eine Autobio-Graphic-Novel über das Leben mit Depressionen von Zoe Thorogood ist eine Entdeckung, ein unglaublich mutiges und ehrliches Werk aus der Hand einer jungen Künstlerin, die uns hoffentlich noch ganz viele Werke schenken wird.

Ich kannte Zoe Thorogood bisher als Künstlerin gar nicht, muss mir jetzt unbedingt mehr von ihr anschauen. Ihre Zeichnungen sind so vieldimensional und berührend, die fragile und fragmentarische Storyline lässt die Lesenden sehr gut in ihren Kopf schauen, die Graphic Novel ist so ehrlich und direkt, ich kann das nur feiern. Wie Thorogood ihrer Depression eine Gestalt gibt und in vielen Panels sichtbar wird, dass es eine fast zärtliche Beziehung zu ihr gibt, die Gesichtslosigkeit der Menschen um sie herum, die ihre Unfähigkeit, Beziehungen einzugehen, so perfekt einfängt, das Chaos, das durch alle Bilder wandert, die meist gedeckten Farben, ihre Fähigkeit, ganz viele Formen und Stile künstlerisch zu integrieren, und in der Mitte dann auf einmal ein neues Buch, ein neuer Ansatz, weil sich das alte Buch einfach nicht schreiben lassen will: Einfach grandios. Die Facetten der Depression werden sehr gut eingefangen, auch die Sprachlosigkeit, die damit einhergeht, beim gleichzeitigen Wunsch nach Kommunikation und Nähe.

Dieser Wunsch führt im zweiten Ansatz dann zu einer deutlich klareren Storyline, und dennoch scheint das Fragmentarische fast noch zuzunnehmen: Die innere Auflösung und Überforderung von Zoe ist absolut greifbar und es hat mich sehr berührt, wie sie sich immer mehr zu verlieren scheint. Ganz stark eine Doppelseite, auf der sie sich selbst am Tisch gegenüber sitzt und in ganz vielen Spiegelungen erscheint. Und wie sie ihrem jungen Ich begegnet, das sie im Leben hält und zum Schreiben und Zeichnen antreibt. Dann auf einmal bei einer Fotografie zu landen, hat mich zerrissen. 

Und auch wenn Zoe vielleicht nicht weiß, wie sie das Buch beenden soll, so ist doch gerade dieses Nicht-Ende wahrscheinlich genau das einzig Mögliche. Ihr Kampf wird ja auch nicht enden. Aber sie bleibt in Bewegung. Es ist einsam im Mittelpunkt der Erde. Aber Zoe versucht, dort nicht mehr zu leben. Das ist es, was zählt.

Eine mutige Graphic Novel. Es braucht ein bisschen Mut auch von den Lesenden, mit dem assoziativen Flow zu gehen und sich durch die Panels treiben zu lassen. Vielleicht hätte ich mir auch noch ein bisschen mehr Input zum Kampf zwischen Depression und Kunst gewünscht. Aber wir teilen das, was wir teilen können. Künstlerisch durchgehend stark gezeichnet und mit einer klaren Stimme gesprochen. 

Am Buchbeginn zeigt uns Zoe Thorogood, wer sie ist und zeigt uns auch ihre Angst, mit diesem Buch an die Öffentlichkeit zu gehen, weil dann alle für immer über sie Bescheid wissen werden. Es ist ein Scheiß, dass psychische Krankheiten noch immer so stigmatisiert sind. Die Einsamkeit, die im Mittelpunkt der Erde herrscht, macht Zoe Thorogood mit ihrer Graphic Novel sehr berührend erlebbar. Es wird Zeit, mehr Leitern und Seile nach unten zu bringen.

Ich bin Fan. Ich wünsche dieser beeindruckenden Graphic Novel ganz viele Leser:innen. Und werde noch häufiger die wichtige Frage stellen. Bist du okay?