Rezension

Ein fesselndes Zeitdokument

Das wiedergefundene Licht -

Das wiedergefundene Licht
von Jacques Lusseyran

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch ist die Autobiografie des französischen Literaturprofessors und Philosophen Jacques Lusseyran (1924-1971).

 

Schon immer sehbehindert, erleidet Jacques 1932, im Alter von acht Jahren einen schweren Unfall, der ihn völlig erblinden lässt. Anders als in diesen Jahren üblich, setzen die Eltern, beides Naturwissenschaftler, durch, dass ihr Sohn statt in eine Blindenschule (und damit in ein Internat) in eine öffentliche Schule gehen darf. Auch sonst fördern die Eltern die Selbstständigkeit ihres Sohnes. Er erhält eine Schreibmaschine für Braille-Schrift, ein wahres mechanisches Monstrum, dessen Geklapper von dem einen oder anderen Lehrer als Störung empfunden wird. Der überaus intelligent Jacques hat blind Geborenen noch den Vorteil, sich an Farben erinnern zu können. Sein Schulkollege Jean wird sein verlängerter Sehsinn und begleitet ihn auch im Gymnasium.

 

Das zweite einschneidende Ereignis ist der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Besetzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland. Während reihum junge Männer entweder zum französischen Militär eingezogen oder nach Deutschland als Zwangsarbeiter verschleppt werden, gründet Jacques mit einigen Schulkameraden die Widerstandsgruppe „Volontaires de la Liberté“. Auf Grund seiner, durch die Blindheit, sensibilisierten anderen Sinne. fungiert er als verantwortlicher Rekrutierer. Jacques kann nämlich jene feinen Schwingungen bei seinen Gesprächspartnern wahrnehmen, wenn diese die Unwahrheit sagen. Er fungiert dabei als eine Art Sonar, eine Fähigkeit, die Blinde oft ausbilden. Dennoch bleibt es nicht aus, dass die Gruppe an die Gestapo verraten wird. Jacques und seine Mitstreiter werden verhaftet und ins KZ gebracht. Nicht alle überleben, aber Jacques schafft es, auch auf Grund seiner mentalen Stärke und seiner besonderen Fähigkeiten.

 

Über seinen weiteren Lebensweg berichtet Jacques Lusseyran nur, dass er später heiratet und eine Familie gründet. Der Verlag ergänzt:

 

Jacques Lusseyran, am 19. September 1924 in Paris geboren, studierte nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Literatur an der Sorbonne und wurde später in den USA Universitätsprofessor für französische Literatur. Er kam 1971 bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

 

Meine Meinung:

 

Diese Autobiografie schreibt Lusseyran als Erwachsener, so dass einige Erlebnisse aus Kindheit und Jugend ziemlich abgeklärt wirken. Sprachlich ist das Buch bis auf kleiner Anpassungen an die neue Rechtschreibung unverändert belassen worden. Daher kann es unter Umständen zu Irritationen beim Lesen kommen. Als Kind seiner Zeit ist es kaum verwunderlich, dass er Mädchen und Frauen wenig bis nichts zutraut. Allerdings wird dieser Umstand für den Schmuggel von Zeitungen und Waffen durch hübsche, weibliche Mitglieder der „Volontaires de la Liberté“ ausgenützt, denn auch die Besatzer und die Gestapo halten die Frauen für harmlos. Als sie entdecken, dass sie von Frauen und Mädchen überlistet werden, schlagen sie mit voller Härte zu. Das ist allerdings Stoff für andere Bücher wie „Codename Hélène“.

 

Interessant zu lesen ist, dass in Frankreich Behinderte jeden Beruf, den sie erfüllen konnten, im Staatsdienst ausüben durften. Mit der Besetzung durch NS-Deutschland gelten nun auch deren diskriminierende Gesetze, die chronisch Kranke, Behinderte und Frauen als Staatsdiener ausschließen.

 

Fazit:

 

Gerne gebe ich dieser interessanten Autobiografie, obwohl sie nur rund zwanzig Jahres im Leben des Autors betrachtet, 5 Sterne.