Rezension

Feinfühliger, besonnener Text zu einem bedrückenden Thema

Die Nacht der alten Feuer -

Die Nacht der alten Feuer
von Hanna Meretoja

Bewertet mit 5 Sternen

Elea wird am Ende des Sommers mit ihren Freund:innen und den Kindern ein Lebensfeuerfest  in ihrem Ferienhaus in den Turkuer Schären feiern,  der Landschaft ihrer Kindheit. Wer hier ein Ferienhaus hat, wäscht seinen Babys die Füße mit Ostseewasser, damit ein guter Schärenbewohner aus ihnen wird. Elea ist Literaturwissenschaftlerin, der gemeinsame Freund Matias Kinderarzt. Sie werden das Fest mit Geschichten und literarischen Texten begehen, die sie sich gegenseitig vorlesen. Kurz nach der Corona-Pandemie, in der die gemeinsame Freundin Veera bei einem New York-Aufenthalt starb, wird mit den Feuern rund um die Ostsee das Ende der Isolation gefeiert. Veera hinterlässt in ihrer Beziehung zu Salma zwei Kinder; ihren Tod haben die Hinterbliebenen längst nicht verarbeitet. Auch Elea und Otto haben zwei Kinder; ihr Sohn Elliot befasst sich seit der Pandemie obsessiv mit Krankheiten und Risiken.

Kurz vor dem Treffen südlich von Turku hat Elea einen Anruf erhalten, der sie an den denkbar tiefsten Punkt ihres Lebens katapultiert und sie hart trifft, weil sie Mutter kleiner Kinder ist.  Außer ihrer Enthüllung wird es in den Gesprächen um Männer- und Frauenrollen gehen, wie unterschiedlich die beiden Geschlechter mit Lasten anderer Menschen umgehen, die eigene Kindheit, um Fremdsein in einer dominant weißen Gesellschaft, Kinderwunsch und Elternschaft. Dabei geht es auch um Schuldgefühle, unerbetene Ratschläge und einiges, das in dieser Situation besser ungesagt bliebe. Die Beteiligten fühlen sich eng mit dem Meer verbunden. Ein Tag, an dem man mit den Füßen im Wasser nichts tut, als über das Meer  zu blicken, wirkt auf sie so heilsam wie die Beschäftigung mit den  ausgewählten Texten.  Eleas Krise bedeutet für sie zwar einen Wendepunkt, sie zwingt die Beteiligten jedoch, sich mit ihren Beziehungen auseinanderzusetzten, die während des Lockdowns offenbar Rost angesetzt haben.

Fazit

Als fiktiven Roman mit biografischem Hintergrund legt Hanna Meretoja einen feinfühligen, besonnenen Text vor, der mitten ins Herz trifft und in dem der Blick aufs Wasser eine entscheidende Rolle spielt. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis regt an, das Thema in ruhigen Stunden weiter zu vertiefen. Als Mutter und Betroffene finde ich  den Roman heilsam, vorausgesetzt, man fühlt sich der Aufgabe gewachsen, Eleas Last mitzutragen.