Rezension

Wahre Liebe macht nicht blind, sondern tolerant

Das Herz ist niemals blind -

Das Herz ist niemals blind
von Lotte R. Wöss

Bewertet mit 5 Sternen

"Wenn wir nur noch das sehen, was wir zu sehen wünschen, sind wir bei der geistigen Blindheit angelangt." (Marie von Ebner-Eschenbach)
Lilly Schluck ist schon seit längerem heimlich in Gundis Bruder Albert verliebt. Trotz seiner Blindheit besucht er regelmäßig seine Mutter im Seniorenheim, bei dem Lilly ihr soziales Jahr absolviert. Sie freut sich natürlich, wenn sie Albert und seiner Mutter den Kaffee bringen darf und sie sich so begegnen und kurz miteinander plaudern. Als Albert ein Angebot einer Musikschule in England erhält, bietet sich Lilly an, ihn zu begleiten. Albert, der ebenfalls Gefühle für Sie hat, freut sich über dieses Angebot. Doch als sich beide endlich ihre Liebe eingestehen und die Reise antreten, kommt es bei Albert zu einer Blinddarmentzündung. Trotzdem Lilly gut reagiert, macht ihr Gundi deshalb schwere Vorwürfe. Der völlig überrumpelte Albert sieht ein, wenn seine Liebe funktionieren soll, muss sich endlich von seiner Schwester weiter abnabeln. Währenddessen macht sich die 80-jährige Sibylle auf Spurensuche nach ihrem Vater, dessen Namen sie nie erfahren hat. Doch als sie die Wahrheit herausfinden, ist ihr klar, warum ihre Mutter ihn nie nennen wollte. Außerdem erhält die Familie eine weitere schockierende Nachricht.

Meine Meinung:
Band vier über die Familie Schluck ist für mich mein drittes Buch, welches ich aus dieser Reihe kenne. Diese sympathische, große Familie hat sich inzwischen in mein Herz gezaubert. Dadurch, dass die Handlungen immer wieder in die Gegenwart und die Vergangenheit führen, sind die Geschichten sehr abwechslungsreich und interessant. Diesmal geht es hauptsächlich um Lilly Schlucks große Liebe zu dem sieben Jahre älteren blinden Albert Steffens. Eigentlich kennen sich die beiden schon sehr lange, denn Lillys Bruder Alexander ist mit Alberts Schwester Gundi zusammen. Sie dagegen ist unsicher, ob er ebenfalls für sie Gefühle hat. Denn bisher waren ihre Gespräche nur kurz und oberflächlich. Erst als die Musikschule ihn kündigt und er ein Angebot aus England erhält, kommen sich die beiden näher. Lilly will ihn unbedingt begleiten, doch Gundi hängt sehr an ihrem Bruder, auf den sie in der schweren Kindheit schon aufgepasst hat. Deshalb ist sie auch so entrüstet, warum Albert so oft ihre Mutter besucht, wo sie sich doch nie richtig um ihre Kinder gekümmert hat. Dieses Mal ist Band 5 mit vielen schockierenden Ereignissen gespickt. Von Misshandlung und Vergewaltigung bis hin zu einem schweren Unfall ist in dieser Geschichte alles vorhanden. Doch besonders gut gefällt mir, wie die Autorin uns das Thema Blindheit näherbringt. Sie lässt dabei Albert so schön seiner Lilly erklären, wie es ist, blind zu sein. Sodass selbst wir als Leser etwas zu diesem Handicap mitnehmen. Trotz seiner Erblindung lebt Albert selbstständig in einer kleinen Wohnung und kommt gut zurecht. Weil er von Geburt an blind ist, ist seine Vorstellung eindeutig eine andere als bei Menschen, die erst später erblinden. Dafür hat er ein ausgeprägtes Gehör, welches er auch als Musiklehrer braucht. Lilly ist für ihre 21 Jahre schon recht reif und verantwortungsbewusst. Die Beziehung zu Albert steht für mich definitiv unter einem guten Stern. Eine schockierende Nachricht erhält die Familie von Tim, der mit seiner Rudermannschaft auf dem Weg zur Olympiade nach Paris ist. Außerdem bringt der Blick in die Vergangenheit für Sibylle ebenfalls keine guten Nachrichten. Es ist mal wieder eine einfühlsame Familien- und Liebesgeschichte, bei der ich als Leser sehr viel in Sachen Blindheit informiert werde. Nun bin ich sehr gespannt, wie es im letzten Band mit Tim nach diesem Schock weitergeht, und gebe erneut 5 Sterne und eine Leseempfehlung.