Rezension

Ein kritischer Blick hinter die Fassade der 50er Jahre

Das Treibhaus - Wolfgang Koeppen

Das Treibhaus
von Wolfgang Koeppen

Inhalt: 
Keetenheuve eigentlich Schriftsteller und Übersetzter aber nun seit Gründung der BRD auch sozialdemokratischer Abgeordneter, denkt über seine Frau Elke nach. Grade hat er die viel jüngere zu Grabe getragen. Sie war in der Ehe wohl nicht besonders glücklich gewesen, hatte dem Alkohol zugesprochen und einfach nicht verstehen wollen weshalb es Keetenheuve so wichtig war sich mit dem Nationalsozialismus auseinander zu setzten. Er will sich erinnern um voran zu kommen, sie will schweigen um in die Zukunft blicken zu können. Er war elf Jahre im Exil und hatte sich so dem Nationalsozialismus weitesgehend entzogen. Doch als er zurückkehrt fragt er sich in wie weit er sich durch das Exil trotzdem schuldig gemacht hat. 
Keetenheuve versucht weiter seine Ideale voran zu bringen und durch zu setzen, längst ist ihm klar das er einen einsamen Kampf führt. Andere weit lautere Figuren haben das Parkett betreten und er,der leise Idealist gerät immer mehr in den Hintergrund. Er muss erkennen das bestimmte Kontinuitäten über die NS Zeit hinaus erhalten geblieben sind und das sie nur den Namen gewechselt haben, sich aber ansonsten nicht so vieles geändert hat wie der Schein es zeigt.  

Hier meine abschließende Meinung: 

Das Treibhaus Bonn... ein abgeschlossener Raum? Stickig abgeschottet vom Rest der Republik? Das Rosenhaus Adenauers? (Der gerne Rosen züchtet) Für mich vor allem eins, ein Blick hinter die politische Fassade der 50er Jahre durch Koeppen eindrucksvoll eingefangen und von seinen Zeitgenossen dahingehend kritisiert das es zu pessimistisch geschrieben sei. Das kann durchaus stimmen. Viel Optimismus findet sich auf den knapp 200 Seiten des Romans wirklich nicht. Doch Koeppen geht es ja auch nicht darum ein positives oder verklärtes Bild der Zeit zu zeichnen. Es geht um die Wahrheit hinter der Fassade und die zeigt erschreckende Kontinuitäten und keinen Neuanfang wie es sich der Idealist und die Hauptfigur des Romans, der Politiker Keetenheuve gewünscht hat. Er scheitert daran letztendlich und muss erkennen das seine Ideale, Ideale bleiben... 
Wenn man den Roman liest fällt einem bald auf das es Szenen gibt die auch heute noch Realität sind. Allein die Beschreibung eines eigentlich durchaus politisch brisanten Besuchs in Frankreich - mit dem Schwerpunkt auf das Frühstück... man hat das Gefühl mitten im Jetzt zu sein - dabei befinden wir uns im Jahr 1952... Man hat das Gefühl diese Politikverdrossenheit bestens zu kennen und im Grunde stimmt das auch. Vieles von dem was Koeppen in seinem Roman kritisiert finden wir auch heute in der Kritik an den Politikern wieder. Noch immer scheint der Regierungsaperat uns als eigene in sich abgeschlossene Welt ohne rechten Bezug zur Bevölkerung. Und trotzdem bietet er auch ganz andere Ebenen, da geht es um einen Mann der scheitert vor allem an seinen eigenen Idealen. Der vielleicht sogar hofft eine neue Heimat miterschaffen zu können und dann für sich selbst feststellt das es für ihn zu spät ist und das er mit seinem Weg keinen Schritt mehr vorankommt. 
Ein Roman mit einer ganz eigenen Poetik der sich allerdings leider nach und nach aus der Zeit schleichen wird, zu sehr ist er trotz durchaus aktueller Themen doch wieder mit den 50er Jahren und der Adenauer Zeit verbunden. Für Historiker als Quelle jedoch unersetzlich vor allem dann wenn man sich mit der Mentalität einer Zeit beschäftigen möchte. 

Ich persönlich liebe Koeppen und finde ihn ganz wunderbar.