Rezension

nicht uninteressant

Mein täglicher Spaziergang durch das Universum - Chet Raymo

Mein täglicher Spaziergang durch das Universum
von Chet Raymo

Bewertet mit 3.5 Sternen

Gekauft wegen des Stichworts 'Universum' im Titel entpuppte sich der Text als etwas gänzlich anderes als erwartet.

Bei einem Astronomie- und Physiklehrer, der ein Buch mit dem Titel 'Mein täglicher Spaziergang durch das Universum' veröffentlicht, war ich davon ausgegangen, dass sicher der Text im Wesentlichen mit dem Kosmos und Phänomenen im All beschäftigt (ähnlich der in vielen Städten vorhandenen Planetenpfade).

Es geht aber nur ganz am Rande um den Kosmos - roter Faden des Buches ist Chet Raymos realer allmorgendlicher Spaziergang von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte. Dabei beobachtet er seine Umgebung sehr genau und nimmt achtsam war, was um ihn herum im Wechsel der Jahreszeiten passiert.

Beobachtungen in den verschieden Abschnitten seines Weges (Siedlung, Wald, felsiger Grund, Wald- und Wegesrand, Bach, offene Felder, Auwiese, Gärten) führen in zu allgemeineren Überlegungen über die Natur, die Veränderung der Landschaft durch menschliche Einflussnahme und das Verhältnis Mensch-Natur überhaupt.

Das Schlagwort 'Naturessay' passt meiner Meinung nach sehr gut zu den einzelnen Kapiteln - in diesem Bereich zeigt er sich auch sehr belesen, so zitiert er beispielsweise die Naturessayisten John Burroughts und John Muir aus dem späten 19. Jahrhundert.

Eine seiner Überlegungen erscheint mir besonders wichtig:

Wissenschaftliche Informationen und Methoden sind wichtig und müssen natürlich in der Schule unterrichtet werden, besonders in den höheren Klassen. Aber vor allem ist Wissenschaft eine Art Welthaltung. Sie vermittelt Achtung vor der Evidenz der Sinne: die Dinge zu sehen, wie sie sind, und nicht, wie man sie gerne sehen würde. Sie ist die Überzeugung, dass die Welt nicht nur durch Zufall und Launen beherrscht wird, und das Vertrauen, dass der menschliche Geist Einblick in die Komplexität der Natur gewinnen kann.

Gerade in Anbetracht mancher Debatten in Bezug auf Klimawandel oder Kreationismus erscheint mir diese Aussage beachtenswert. Leider geht sie, in Bezug auf den Gesamttext, etwas unter.

Um den Text genießen zu können, sollte man ein grundlegendes Interesse an den Naturwissenschaften (Schwerpunkt Biologie und Geologie) mitbringen, da Überlegungen im Stil der folgenden häufiger im Text auftauchen.

Kein Gesetz der Physik ist grundlegender als das Gesetz der Entropie, die Neigung des Universums, auf Unordnung und Tod zuzusteuern. Aber das Leben stemmt sich gegen das Chaos: Es nutzt die verfügbare freie Energie, wo immer es möglich ist, und in unserer Gegend des Weltalls ist die am üppigsten verfügbare Energie das Sonnenlicht.

Wenn man sich darauf einlassen kann, wird man an diesem Text Freude haben.