Rezension

wohltuende Langsamkeit

Die Dame in Blau - Noëlle Châtelet

Die Dame in Blau
von Noelle Chatelet

Die 52jährige Mireille flieht nach einer scheinbar belanglosen Begegnung mit einer älteren Dame im blauen Kostüm aus ihrem hektischen Alltag. Sie übt sich im Nichtstun, im Gelaber, im still sein, im alt sein und im unsichtbar sein. Ihre Umgebung hat kein Verständnis.

Dieses Buch hat eine entschleunigende Leichtigkeit. Mireilles Flucht aus der Tretmühle kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich glaube, jeder hat so Momente, in denen man sich ein Leben ohne Terminkalender, Zeitdruck und Verpflichtungen wünscht. Es wird nicht erklärt, aber Mireille kann es sich offenbar leisten, der Arbeit monatelang fern zu bleiben und sich sogar ein Zimmer in einem Altenheim "Bon Repos" zu mieten. Es ist als ob das Pendel ihres Lebens ins andere Extrem schwenkt. Gestern noch die attraktive und erfolgreiche Berufstätige mit Liebhaber. Heute eine alte unscheinbare Frau im grauen Kostüm auf der Parkbank. Sehr schön finde ich den letzten Satz, der ahnen lässt, dass Mireilles Lebenspendel in Bewegegung bleibt.