Rezension

Das zu ausführliche Leben des Luke Kanowski

Jahre wie diese
von Sadie Jones

Bewertet mit 3 Sternen

~~Klappentext
Luke Kanowski beschließt Provinz und Elternhaus den Rücken zu kehren, um in London seine Lorbeeren als Dramatiker zu verdienen. Mit Paul, einem angehenden Produzenten, und Leigh, Pauls Freundin, gründet er eine Theaterkompagnie, die bald erste Erfolge feiert. Die drei sind unzertrennlich – bis Luke auf Nina trifft, eine temperamentvolle, aber labile Schauspielerin, die ihn nicht mehr loslässt. Alles, worum er gekämpft hat – Loyalität, Freundschaft, Karriere -, droht dem Versuch zum Opfer zu fallen, Ninas versehrte Seele zu retten. Wie viel ist er bereit, für sie zu riskieren?

 

„In ihren Augen sah er den Abgrund. Die Leute mieden Verrückte, angeblich weil sie so unberechenbar waren, aber Luke wusste, dass sie in Wahrheit die Leere in ihren Blicken fürchteten. Luke hatte keine Angst vor dieser Leere; schließlich war sie es, die dort leben musste. Er hätte alles getan, um sie zu retten (…)“ (Seite 9)

Luke lebt in einer Kleinstadt. Seine Mutter lebt schon seit er ein kleiner Junge war, in einer Irrenanstalt. Täglich geht er sie besuchen. Sein Vater findet seit dieser Zeit nur noch Trost im Alkohol und weigert sich konsequent die Mutter zu besuchen. Lukes große Liebe gehört dem Theater. Da er es aber kaum schafft eine Aufführung zu sehen, liest er alle bedeutsamen Theaterstücke. Sein großer Traum ist es, einmal ein Theaterstück zu schreiben und aufzuführen.

 Eines Tages verirren sich Paul und Leigh in dem kleinen Ort. Beide wollen sich dort mit einem Theateragenten treffen. Doch sie haben sich verfahren und treffen auf Luke, der ihnen den Weg zeigt. Doch der Agent taucht nicht auf und die drei verbringen den Abend miteinander.

„Mit geschlossenen Augen erspürte Luke das Leben der Kunstwerke um sich herum. Es veränderte die Atmosphäre. Er dachte an Genialität, verdichtet durch die Zeit, und an das unmessbare Charisma des Ruhms. Er wusste nicht, wie er das alles in Worte fassen sollte, wusste nur, dass diese Gemälde zu atmen schienen.“ (Seite 12)

Monate nach dem zufälligen Treffen beschließt Luke seine Heimat zu verlassen. Er macht sich zwar Sorgen um seine Mutter, doch diese redet ihm zu, sein Leben zu leben. Also macht sich Luke auf den Weg nach London. Dort sucht er Paul auf. Durch Zufall treffen beide auch wieder auf Leigh. Aus einer Laune heraus beschließen die drein eine Theaterkompagnie zu gründen. Alles läuft hervorragend an.

„Die Zukunft war eine unausgefüllte Präsenz im Zimmer, wie Angst.“ (Seite 84)

Luke, Paul und Leigh leben auch zusammen. Eigentlich fühlt sich Luke sehr stark von Leigh angezogen. Doch er ist nicht in der Lage, ihr seine wahren Gefühle zu zeigen. Er stößt sie von sich weg. Leigh wendet sich Paul zu und die beiden werden ein Paar. Luke fühlt sich wohl in dieser Dreierbeziehung. Leigh nennt es einmal „Vater-Mutter-Kind“ WG.

„Luke sah sie zusammen und empfand gegen seinen Willen, trotz all seiner Gewissheit, nur Verlust. Spürte, wie etwas Kostbares in seinem Herzen zerbrach, weil er nicht gewusst hatte, wie er es sicher aufbewahren sollte.“ (Seite 107)

Alles scheint harmonisch zu verlaufen, doch dann taucht eines Tages Nina auf. Eine Frau, die Luke sehr an die Zerbrechlichkeit seiner Mutter erinnert. Nina ist gefangen in einer Ehe, die sie nicht will. So hat es zumindest den Anschein. Und auch wie bei seiner Mutter, versucht Luke sie zu retten. Doch kann er es diesmal schaffen?

„Luke sah das Stück, wie er das Leben sah-eine Tragödie zum Lachen. Zum Schluss wurde das so sorgfältig errichtete Gebäude des Sohnes, sein falsches Zuhause, durch das Chaos seiner Erziehung zerstört. So erbittert er auch dagegen ankämpfte, die Vergangenheit hatte einen Weg für ihn bereitet, den er nicht verlassen konnte. Das Stück war Lukes engster Gefährte und erbittertster Feind. Es war das Beste, was er zustande brachte. Es musste besser werden, als er selbst war.“ (Seite 312)

Ich war sehr auf diesen Roman von Sadie Jones gespannt. Letztes Jahr habe ich „Der ungeladene Gast“ von ihr gelesen und war einfach nur begeistert. Dementsprechend waren meine Erwartungen sehr hoch … und sie sind tief gefallen. „Jahre wie diese“ ist ein vollkommen anderes Buch. Ihre Art zu schreiben, die Geschichte aufzubauen. Wobei, es gibt keinen wirklichen Spannungsaufbau. Die Geschichte plätschert von Anfang bis Ende nur so dahin. Sicherlich ist die Thematik nicht uninteressant.

Ein junger Mann, geprägt durch sein Elternhaus (Vater Alkoholiker, Mutter in der Irrenanstalt) versucht diesem Milieu zu entkommen. Bis zu einem gewissen Punkt schafft er dies auch mit Hilfe seiner Freunde Paul und Leigh. Obwohl er bei den Beiden eigentlich nur eine Art Elternersatz findet. Das geht so lange gut, bis er auf Nina trifft. Eine junge Frau, von der er denkt, dass sie „errettet“ werden muss, wie seine Mutter. Dass dies nur schief gehen kann, erklärt sich irgendwie von selbst.

Erst nach dem Tod seiner Mutter schafft Luke es sich seinem Leben wirklich zu stellen, schafft er endlich Nähe zuzulassen.

Allerdings hat mich die Länge des Romans, es sind zwar „nur“ 413 Seiten, geschafft. Diese 413 Seiten kamen mir wie die Unendlichkeit vor. Meiner Meinung nach, hätte man das Ganze auch in weniger Buchseiten verpacken können. Dann wären es auch 4 Sterne geworden. So kann ich nur 3 vergeben, da mich diese Langatmigkeit echt „genervt“ hat.

Aber macht euch bitte euer eigenes Urteil.

„Es fühlte sich wunderschön an. Da war die Klippe. Da war der Abgrund. Da war die Dunkelheit. Da war der Sturz, genau da, genau vor ihnen. (…) Die Welt kam langsam zurück, und sie traten wieder in sie ein.“ (Seite 411)