Rezension

Ein trauriges Jahr mit Johnsey

The Thing about December - Donal Ryan

The Thing about December
von Donal Ryan

Bewertet mit 4 Sternen

Johnsey wächst in einem kleinen irischen Städtchen auf einem Bauernhof auf. Trotz seiner geistigen Behinderung kann er einer geregelten Arbeit nachgehen, betreut mit seinem Vater das Vieh, hat allgemein ein gutes Verhältnis zu den Eltern. Doch bald liegt sein bisheriges Leben in Scherben. Völlig allein steht er vor für ihn schier unüberwindlichen Aufgaben.

Deprimierend. Das wäre das Wort, müsste man die Story auf eines reduzieren. Denn ein deprimierender Nachgeschmack bleibt beim Leser zurück und trotzdem verfolgt man Johnseys Geschichte in 12 Akten (sprich 12 Monaten) mit großem Interesse. Der Leser bekommt die Geschichte aus Johnseys Perspektive serviert. Das ist an sich sehr gut gemacht, manchmal aber auch frustrierend. Er versteht nicht immer alles was um ihn herum passiert, gepaart mit seiner Angewohnheit in Sätzen ohne Punkt und Komma zu denken, wird das manchmal etwas wirr und man muss sich die Story erst zusammenpuzzeln. Andererseits bringt Johnsey den Leser auch unfreiwillig zum Lachen, nicht immer kann er mit Fremdwörtern oder Fachausdrücken etwas anfangen und spricht sie dementsprechend nur lautmalerisch aus. Da muss man als Leser ein Wort auch mal öfter lesen um zu enträtseln von was er gerade erzählt. Beides stärkt seine Rolle als tragischer Held umso mehr. Es ist traurig zu lesen, wie wenig er von sich selbst hält, er ist überzeugt ziemlich blöd zu sein. Doch als Leser merkt man schnell, dass das so mal überhaupt nicht stimmt, seine Ansichten sind oft sehr tiefgründig und philosophisch. Ich mochte ihn gerne. Im Gegensatz zu den restlichen Dorfbewohnern, die mir dann doch etwas übertrieben negativ dargestellt wurden. Teilweise kann man ihr Verhalten Johnsey gegenüber nachvollziehen, oft neigt man aber dazu den gesunden Menschenverstand zu vermissen und das habe ich dem Autor nicht immer abgenommen. Donal Ryan hat mich jedoch mit seinem wunderbaren Erzählstil gefangen genommen, sodass ich ihm diese Schwarz-Weiß-Malerei dann doch gerne verzeihe.

Fazit: deprimierend, aber gut. Johnseys Sicht auf die Welt sollte man sich nicht entgehen lassen.