Rezension

Wer hat Ramona auf dem Gewissen?

Die weiße Leber
von Roland Zingerle

Bewertet mit 5 Sternen

Tatort: Klein Eggen am Wörthersee, Kirchenwirt, während der Blutspendeaktion
Opfer: Ramona Doppelreiter
Täter: offensichtlich Ludwig, dessen Blut auf dem Opfer verschmiert wurde (obwohl er selbst keine Verletzung hat)

„Ramona hat die weiße Leber“, mit diesen Worten wird der Charakter der ermordeten Kellnerin von Insidern beschrieben. Die Bewohner der Kärntner Dorf Klein Eggen glauben zu wissen, dass ein „Flitscherl“ (=Flittchen) eine weiße Leber hat und als solches ist Ramona bekannt. Kein Mann ist vor ihr sicher. Auch die Rotkreuzärztin Kogelnig ist verliebt in das umtriebige Mordopfer.
Viele Bewohner des Dorfes scheinen ein Motiv zu haben: da sind zuerst die betrogenen Ehrfrauen, die fremdgehenden Männer, die verliebte Ärztin, der Außenseiter Angelo und was passiert?

Der interimistische Leiter der Kriminalabteilung Chefinspektor Widrig (ein Super-Name!) verhaftet während der eigentliche Abteilungsleiter Chefinspektor Ogris im Krankenstand ist, ausgerechnet Ogris’ Schwiegersohn Ludwig.

Diese Nachricht ereilt auch Herbert Pogatschnig, seines Zeichens (vergammelter) Professor an der Uni Wien. Ludwig und Herberts verstorbener Zwillingsbruder Hubert hatten eine gemeinsame Vergangenheit. Deshalb fühlt sich Herbert berufen, Ludwigs Unschuld zu beweisen.

Dass er sich mit seinen Recherchen keine Freunde macht, ist sonnenklar.

Nach und nach kommen spannende Familiengeheimnisse und Verwandtschaftsverhältnisse ans Tageslicht

Wird es Herbert gelingen, Ludwig aus den Klauen des Chefinspektor Widrig zu befreien? Und, wer hat Ramona wirklich auf dem Gewissen?

Gegen Schluss des Krimis trägt der Autor allerdings meiner Ansicht nach viel zu stark auf.

Die Häufung von Zufällen, Lösungsansätzen inkl. des degoutanten Endes Angelos beschert dem Krimi einen Punkteabzug. Diesmal nur drei Sterne, denn was zuviel ist, ist zuviel.

Zur Sprache und Erzählweise:

Roland Zingerle schreibt in gewohnter Weise einen spritzigen, aufregenden Krimi mit viel Lokalkolorit. Er karikiert einzelne Eigenschaften wie etwa der Kärntner Liebe zum Chorgesang.

„Weiße Leber“ soll an die Tradition von Zingerles „Kärntner-Kneipen-Krimi“ anschließen. Der Untertitel weist darauf hin. Insidern ist dies wohl bekannt, Newcomern eher nicht. Die machen sich ein eigenes Bild.

OK, der Kirchenwirt spielt eine zentrale Rolle und viele Kärntner sagen „Kneipe“ statt Wirtshaus.

Die Alliteration "KKK" finde ich verführerisch.

Die beschriebenen, gegessenen „Kärntner Nudel“ heißen „Kasnudl“ und nicht Käsnudel.
Für diejenigen, die diese köstliche Speise nicht kennen: es handelt sich hier um faustgroße gefüllte Teigtaschen – ähnlich wie Ravioli(daher auch eine weitere Bezeichnung „Faustnudl“). Die Fülle besteht meist aus Topfen (=Quark), gekochten Erdäpfeln (=Kartoffel) und verschiedenen Kräutern wie Kerbel und Minze. Serviert wird das Ganze mit grünem Blattsalat und Butterschmalz. Jede Gegend hat ihr eigenes (Geheim)Rezept. Es gibt auch süße Varianten und solche, die mit Faschiertem (=Hackepeter) oder Grammeln (=Grieben) gefüllt sind.