Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

Trotzdem

Der Thron der Finsternis - Peter V. Brett

Der Thron der Finsternis
von Peter V. Brett

Bewertet mit 3 Sternen

„Einsame Menschen machen mitunter die närrischsten Dinge.“

Anmerkung: Spoiler sind nicht verhandelbar, da laufende Serie.
Wer die Serie nicht kennt, sollte vielleicht lieber direkt zum Fazit springen. Ansonsten habe ich einen Rundumschlag ausgeteilt für die gesamte herausgegebene Serie.

„Ich hab' 'ne Kutsche, 'ne KUNTERBUNTE Kutsche, 'nen Jongleur und 'ne dama'ting, die schauen dort zum Fenster raus...“
Das reimt sich nicht, wie im Originallied, aber so ist das Leben eben, wenn man Veränderungen vornimmt. Wer jetzt hier die Lyrik, Poesie und Liedtextdichtung nicht beherrscht, Autor Peter V. Brett, seine Meisterjongleure und Herzogherolde Kereen, Goldkehle, Rojer oder vielleicht doch Übersetzerin Ingrid Herrmann-Nytko, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass die Liedtexte grauenhaft sind. In etwa so gestelzt wie mein Versuch da oben. Nun gut, ich sollte nicht in fremden Gewässern fischen, ich selbst kann nicht singen und beim Zimbeln schlagen im Kissentanz wäre ich wohl auch eher untauglich und müsste mit anderen Reizen überzeugen. Sei es drum, liest man es aber mal laut vor, so wie ich es versucht habe, kommt dabei einfach kein Lied raus. Mal reimen sich die Verse, mal ‚sind sie auch nicht von schlechten Eltern‘ (ähnlich DieÄrzte).

Das ist aber wirklich noch nicht alles, was auffällt beim Vorlesen. Mein altbekanntes Problem mit Spasmen der Chars sprach’ ich ja schon an, diesmal kommen zu den krasianischen Vokabeln noch die Ausspracheprobleme der Eigennamen an sich hinzu: ‚Angierianische Wildpferde‘ sind so ein Ding. Denn nach Fort Angier an den dortigen Herzogshof von Rhinebeck verschlägt es uns im aktuellen Teil der Dämonensaga. Tatsächlich gibt es irgendwo in der Nacht noch die beiden Erlöser Jardir und Arlen, die sich daran machen ihre eigenen Pläne zu verfolgen. Doch wer sich mal den Originaltitel ansieht: „The SkullThrone“ (und wer die anderen Teile kennt), der weiß, der Schädelthron ist dieses Ding auf dem Shar’Dama’Ka Ahmann Jardir normalerweise seinen Hofstaat hält. Der Schädelthron ist übrigens ungleich dem Schwerterthron aus Game of Thrones! Warum der deutsche Titel den Leser so weit ab vom Weg führt weiß ich nicht, das schafft nämlich gleich ganz falsche Vorüberlegungen. Ich dachte nämlich: na mit dem Thron der Finsternis kann ja nur NIE gemeint sein, die im Horc darauf wartet angegriffen zu werden.
 

„Wenn du willst, kannst du abscheulicher sein als ein Dämon.“

Wie aber schon befürchtet bewegen wir uns Zeitstrahltechnisch nicht wirklich weit vorwärts und Brett lässt es sich auch nicht nehmen wieder lustig hin und her zu hüpfen. Diesmal zwar nicht in ganzen Jahresspannen, aber dafür in den Jahreszeiten. Grad in der erste Hälfte konnte man eine Münze werfen bei jeder Überschrift: Winter oder Herbst, Herbst oder Winter? Da hier mehrere Charaktere und Handlungsstränge weiterhin in ungefährem 3Kapiteltakt nebeneinander erzählt werden, ist dies jedoch verschmerzbar. Vorrangig kümmern wir uns also um die Menschen und deren ‚Krieg unter dem Antlitz der Sonne‘, sowie so ‚kleinen‘ Problemen wie einer Schwangerschaft und aufgesetzten Streits unter Liebenden. Nett aber Unsinn war Jardirs Stammbaum, den Platz hätte man besser für ein Namensregister benützen sollen!

Es ist wahr, Arlen und Jardir haben den Menschen Mut, Kraft und vor allem Waffen gebracht. Ihnen gezeigt wie sie sich wehren können. Die Krasianer machen es sich einfach, Fort Rizon ist bereits gefallen und heißt ‚Everams Füllhorn’ und trotz der Frage: Wer soll Jardir auf dem Thron ersetzen, soll nun auch Fort Lakton dran glauben. Der Siegeszug der Südländer scheint unausweichlich voranzuschreiten. Während die ‚neue‘ Talgrafschaft unter Thamos Führung erblüht. Kein Wunder, hat Arlen die Leute ja gebufft und ihnen eingebläut jeder einzelne Mensch sei der Erlöser. Und die Grafschaft gedeiht auf den Großsiegeln hervorragend, sie bauen ihre neuen Ortschaften einfach gleich als Siegel (!) und verwöhnen sich. Dergestalt, das Dämonen weiterhin Schlachtvieh bleiben. Es ist eben wichtiger menschliche ‚gute Zeiten, schlechte Zeiten‘ zu spielen, als sich der wirklichen Gefahr zu widmen.
 

„(...) anstatt zu kämpfen einen Sonnenschirm zu tragen.“

Schauen wir doch mal, was für Seiten wir da haben.
Inevera und Abban müssen neuerdings dicht zusammenarbeiten und machen das richtig gut.
Leesha und Thamos tändeln herum, zicken sich an, ignorieren sich und kriegen von der Herzoginmutter dann einfach einen auf den Deckel.
Rojer findet Gefallen an der Mehrehe und spielt mit dem Gedanken sich noch eine dritte Frau zu nehmen, darf sich ansonsten so richtig in Szene setzen. Amanvah ist eine wirklich nicht zu unterschätzende Größe geworden.
Wonda-Woman Bogenschützin und Leibwächterin wird Idol für eine ganze ‚Siegelkinder’-Generation und Versuchskaninchen.
Gared, dieser einstmals unsympathische Idiot, ist weiterhin ein Baumschubser mit viel PS und wenig Hubraum, soll aber jetzt auf nem fetten Junggesellenball verkuppelt werden. Er hat insgesamt eine sehr schöne Entwicklung durchlaufen.
Asome und Jayan umkreisen sich wie Kampfhähne, wobei aber keiner von beiden wirklich besser wäre.
Renna nervt wie immer mit ihrer Schnodderschnauze und freundet sich mit einer Speerschwester an.
Wie erwähnt, Arlen und Jardir machen einen auf eigenes Ding durchziehen.
Und Dorn stelle ich mir wie so einen kleinen schmutzigen, heiseren Ghul vor.

Da hat sich so einiges getan in den Konstellationen, aber nicht viel Überraschendes. Die meisten Weichen sind schon in Buch 1 genauso gestellt worden, damit sich die Freund- und Feindschaften jetzt so entwickeln können. Völlig elendig wirken dann die Nebenhandlungen über irgendwelche Cousinen x. Grades, die auch mal irgendwann in der Zeitlinie unter Enkidos Aufsicht ausgebildet worden sind und… ach hätte man sich echt schenken können, das waren ganz klar für mich Geschichten die nicht ins Hauptbuch gehörten.
Aus den letzten 200 Seiten hat Brett aber dann sehr viel raus geholt und den Bereich für den nächsten Teil kahl geschlagen. Und das Knochenwerfen der krasianischen Frauen hilft dem Autor immer weiter zu gehen, da die ja lästigerweise alles vorhersehen können. Dennoch gewinnt man das Gefühl, das das Ziel aus den Augen verloren wurde durch den Menschenkrieg. Ich hoffe im nächsten Band erzählen uns die Horcling-Prinzen mehr!
 

Fazit:

Wem kann ich das Buch empfehlen: unserer Bundeskanzlerin. Ja, nennt mich anmaßend und ich will hier auch gar nicht Stellung beziehen in der Flüchtlingsfrage, aber wie Thamos reagiert auf die Flüchtlinge unterwegs, wie Leesha, Wonda, Gared und Renna dafür kämpfen, dass die Notleidenden durchkommen, wie Rojer sich dafür einsetzt weitere Fiedler auszubilden, wie sie Gelder und Spenden beschaffen, wie die Flüchtlingsströme sich ansiedeln, integriert werden, versorgt werden… das ist vorbildlich! Und Brett sagt nicht: Schau’ wie einfach es ist in einer fiktiven Welt, ganz im Gegenteil.
Nein Spaß beiseite. Ich würde dieses Buch NICHT ohne die anderen lesen. Dafür sind die Spielfiguren schon zu weit vorgerückt. Die ganze Serie ist etwas für Freunde der Fantasy und Freunde von autonomen Frauencharakteren, die sich nicht erst emanzipieren müssen. Mich beschleicht nämlich langsam das Gefühl, dass hier echt kein einziger Mann etwas zu sagen hat. Hinter jedem mächtigen Mann steht eine noch mächtigere Dama’ting, auch wenn die im Norden nicht so heißen *zwinker*.

So wie Inevera versucht die krasianischen Stämme zusammenzuhalten, versucht Brett alle Handlungen zusammenzuhalten. So wie Arlen versucht Jardir Vernunft einzubläuen und der im Gegenzug verhindern will, dass der Obermotz Dämonenprinz in den Sarg des Kaji in Anochs Sonne sche…. ehm… ja das tut der Dämon WIRKLICH, hockt da über dem geöffneten Sarg und hebt den Schwanz an um zu… Was wollte ich? Ach komm, umschalten in den Rauchersaal am Hof des Herzogs zum ‚EPIC RAP BATTLE OF JONGLEUR!‘ Bei dem jeder ein Lied zum besten schmettern darf und bejubelt wird.
Und jetzt warte ich auf den nächsten Teil.

Zum Urteil erinnern wir uns liebevoll an Brunas Schlagstock: RUMS