Rezension

Loverboys und Mädchenhandel

Eventus Corp - Manu Wirtz

Eventus Corp
von Manu Wirtz

Bewertet mit 4 Sternen

„...Weißt du, meine Tochter ist zwei Jahre jünger als du und ich habe im Moment mit ihr die gleichen Diskussionen wie deine Eltern mit dir. Das Internet bietet große Freiheiten, aber auch gefährliche Fallen...“

 

Eine Frau bewegt sich im Rhythmus der sinnlichen Saxophonklänge. Doch sie tut das nicht freiwillig. Die Szene spielt in einem alten Bunker der deutschen Wehrmacht. Die 25jährige Ukrainerin wird gerade in einer Runde von Männer meistbietend versteigert. Dazu dient eine Internetkonferenz. Die Bieter tragen Masken.

Die 42jährige Stefanie Audet, ehemalige Kriminalkommissarin, ist bei Eventus Corporation angestellt. Das private Sicherheitsunternehmer arbeitet für Firmen und Organisationen, die ein Sicherheitsupdate auf allen Ebenen brauchen. Beratung, Aufdecken von Schwachstellen und notfalls Personenschutz gehören dazu. Das ist aber nur eines ihrer Geschäftsfelder.

Als sie nach einem Vortrag vor Geschäftsleuten durch die Frankfurter Innenstadt spaziert, trifft sie Georg von Blankhard, einen alten Jugendfreund. Wenige Tage später wendet sich Georg an sie und bittet um Hilfe. Seine 15jährige Tochter Alina ist spurlos verschwunden.

Die Autorin hat einen fesselnden Thriller geschrieben. Dabei hat sie zwei Schwerpunkte gesetzt. Zum einen zeigt sie am Beispiel der Alban-Mafia, wie Menschenhandel weltweit funktioniert, zum anderen erläutert sie das Vorgehen der Polizei und privater Unternehmen in einem Entführungsfall.

Die Personen werden gut charakterisiert. Stefanie ist zielstrebig und ausdauernd und verfügt über eine Reihe von zusätzlichen beruflichen Fähigkeiten. Nach der Scheidung zieht sie ihre 13jährige Tochter allein groß. Die junge Dame ist in der Pubertät und mit manchen Forderungen ihrer Mutter nicht einverstanden. Ähnliche Probleme hat Georg von Blankhard. Die 15jährige Alina sieht überhaupt nicht ein, dass ihr der Vater die Teilnahme an einem Fotoshooting verbietet. Sie fühlt sich eingeengt. Ihre Mutter ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben.

Der Schriftstil des Buches wechselt zwischen sachlicher Beschreibung und spannender Handlung.

Dabei gefällt mir, dass die Arbeit der ermittelnden Behörden nicht nur detailgenau dargestellt, sondern dadurch auch gewürdigt wird. Gleichzeitig erfahre ich, wozu heute private Sicherheitsfirmen nötig sind, wie sie funktionieren und welche Vorteile sie in manchen Situationen gegenüber der Bürokratie der Polizei haben. Im Buch gibt es ein gedeihlichen Miteinander beider. Gut werden die Emotionen der Protagonisten wiedergegeben. Georgs Verzweiflung und Angst ist nur ein Beispiel dafür. Im Gegensatz dazu steht die Eiseskälte der Menschenhändler, die junge Mädchen über Facebook durch Loverboys anlocken lassen und sie dann grausam zerbrechen. Ein besonders gutes Geschäft lässt sich mit Minderjährigne machen, die noch unberührt sind. Schläge, Drogen oder Beruhigungspillen sind Mittel der Wahl. Das Buch zeigt, wie schnell die jungen Mädchen, die nicht mehr Kind und noch nicht Frau sind, von gutaussehenden und liebevoll auftretenden jungen Männern zu beeinflussen sind. Häufig ist das Gefühl, zu Hause nicht verstanden zu werden, ein Auslöser für unüberlegtes Handeln. Obiges Zitat stammt von Stefanie. Ihr Gegenüber ist ein junges Mädchen, das rechtzeitig aus den Fängen eines Loverboys befreit wurde. Die ausführliche Darstellung heutiger technischer Möglichkeiten im Bereich Computer fand ich gelungen und allgemeinverständlich. Allerdings sollte ich erwähnen, dass ich mich für diese Themen interessiere.

Das Cover mit der blutbefleckten weißen Feder ist ein schönes Bild für das Leiden der gefangenen Frauen.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen.Ich hoffe auf weitere Fälle des Teams. Die Balance zwischen fesselnder Handlung und vielfältigen Informationen ist gelungen.