Rezension

Hallo, hallo!

Moshi Moshi - Banana Yoshimoto

Moshi Moshi
von Banana Yoshimoto

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Moshi moshi (jap. もしもし) ist ein vorwiegend am Telefon verwendetes Grußwort in Japan. Es ist vom Verb mōsu (申す, dt. „(etwas) erzählen“) abgeleitet“, so sagt Wikipedia. Die Titelgebung dieses Romans von Banana Yoshimoto erklärt sich in der Geschichte und ist für alle Nichtjapaner womöglich erst mal nicht zu verstehen.

Yotchan hat ihren Vater verloren, der sich zusammen mit einer fremden Frau das Leben nahm. Der Verlust des Vaters wiegt schwer für sie, in der elterlichen Wohnung hält sie es nicht mehr wirklich aus, aber auch für ihre Unabhängigkeit im Prozess des Erwachsenwerdens zieht sie in das Tokyoter Szeneviertel Shimokitazawa. Dort macht sie es sich schnell gemütlich in einer kleinen, altmodischen Wohnung. Sie lebt sich schnell ein und ist selten zu Hause, denn sie arbeitet mit Leib und Seele in einem kleinen Bistro in der Nähe ihrer Wohnung. Sie steckt ihr ganzes Herz in ihre Arbeit, aber es ist nicht zu leugnen, dass sie dadurch auch vom Verlust der Vaterfigur fortzulaufen versucht.

Bald nach ihrem Auszug taucht ihre Mutter in Shimokitazawa auf. Selbstredend leidet auch sie unter dem Verlust des Mannes, ebenso wie Yotchan hält die Mutter es in der Familienwohnung nicht mehr aus. Sie bittet ihre Tochter für einige  Zeit bei ihr wohnen zu dürfen, denn Yotchan ist der einzige Bezug, den die Mutter hat. Sie möchte Yotchan nicht auf die Nerven gehen, betont die Mutter, aber Yotchan ist um die Einschränkung ihrer erst vor kurzem erworbenen Selbstständigkeit gewiss nicht dankbar. Da sie ihren eigenen Schmerz jedoch zu genau kennt, kann sie ihrer Mutter die Bitte nicht abschlagen, und so leben sie fortan zusammen.
Yotchan erlebt eine Wendung bei ihrer Mutter mit; die sonst klassisch und elegant gekleidete Frau passt sich in einer lässigen Weise an das junge Lebensgefühl im Szenestadtteil an. In Jeans und Shirt durchstreift sie auf Spaziergängen das Viertel, liest viele Bücher und versucht ihrer Tochter kein Klotz am Bein zu sein. Yotchan geht ungehindert weiter mit Elan ihrer Arbeit im Bistro nach, wo sie Aratani kennenlernt, mit dem sie sich gut versteht und ab und zu etwas zusammen unternimmt.
So versuchen sie ihren Verlust zu bewältigen, jede der beiden Frauen auf ihre eigene Weise und in gewisser Weise sind trotz allen Raumes, den sie sich gegenseitig geben, beide füreinander da. Auch gehen beide trotz ihrer familien und räumlichen Zusammengehörigkeit eigene Wege. Sie nabeln sich symbiotisch voneinander ab, so wie man sich nach einer Umarmung unter Tränen auch wieder voneinander löst, wenn man sich besonnen hat.

Banana Yoshimoto hat mit „Moshi Moshi“ ein Buch geschrieben, das einen Weg erwachsen zu werden aufzeigt. Es steckt gleichzeitig Traurigkeit und Leben darin und immer wieder Gedanken über das Leben und sein Ende, mithilfe derer sie die Protagonistin ihre Trauer und das Verhältnis zu ihrem Vater aufarbeiten lässt.
Ich lese sehr gerne Romane von japanischen Autoren, nach diesem ersten Buch von Yoshimoto kann ich jedoch noch keinen wirklichen Vergleich zu anderen japanischen Schriftstellern ziehen. Die Sprache des Romans ist bildlich, klar und warm wie ich es bisher gewohnt bin, geht dabei aber nicht in eine Richtung wie ich sie bisher kenne. Es ist sehr erfrischend mit dieser Autorin eine neue Ecke der japanischen Literatur erkundet zu haben!