Rezension

Eine Identitätssuche zwischen zwei Ländern

Sechzehn Wörter - Nava Ebrahimi

Sechzehn Wörter
von Nava Ebrahimi

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch ist die Geschichte einer jungen Frau, die im Iran geboren ist, in ihrer Kindheit nach Deutschland gezogen ist und dort nun lebt. Anlässlich des Todes ihrer Großmutter reist sie gemeinsam mit ihrer Mutter in den Iran. Der Rückflug ist schon gebucht und doch beginnt dort ein wenig auch die Suche nach ihrer eigenen Identität, inmitten dieser beiden Länder.

Und das ist auch der zentrale Punkt: Mona, ihr Leben und ihre Suche nach ihrer Identität. Das Buch ist sehr ruhig, ohne wirklichen Spannungsbogen und besteht aus sehr vielen Rückblicken. Anhand sechzehn einzelner persischer Worte, die den Kapiteln vorangestellt das Buch strukturieren, verknüpft Mona Erinnerungen – an ihren Vater, der nie wirklich in Deutschland angekommen ist, an Alltagsrassismus, an ihre Kindheit, an das Jahr, das sie im Iran gelebt hat. Und trotz des so eher flachen Spannungsbogens habe ich das Buch keineswegs als langweilig empfunden – vielmehr entpuppte sich der Schreibstil als sehr fesselnd, sodass ich ein paar Seiten lesen wollte und dann nur schwerlich von dem Buch wieder losgekommen bin. Lediglich hin und wieder hatte ich Probleme, die Gegenwart von einem Rückblick zu unterscheiden, wobei das eigentlich durch die gewählte Zeitform deutlich wird.
Obgleich man die ganze Geschichte aus Monas Sicht liest und durch die Rückblicke und Reflexionen auch sehr tief in ihrem Inneren versunken ist, werden nicht alle Zusammenhänge offengelegt und manchmal weiß das Buch mit Enthüllungen zu überraschen.

An der Authentizität der Geschichte habe ich dabei keinen Zweifel, denn die Autorin Nava Ebrahimi teilt wesentliche Eigenschaften mit der Protagonistin. Auch sie ist im Iran geboren und als Kind nach Deutschland gekommen, auch sie hat in Köln gelebt und Journalismus studiert.

Es wird ein Bild von dem Iran gezeichnet, das ein wenig einlädt, dieses Land und seine Kultur kennenzulernen, was vielleicht manchmal etwas kritisch ist, manchmal ironisch, aber manchmal eben auch von einer unterschwelligen Sehnsucht Monas geprägt.
Mit Sexualität wird relativ offen umgegangen. Besonders Monas Großmutter charakterisiert sich dabei durch sehr unverfrorene sexualisierte Sprüche und empört sich darüber, dass ihre Enkelin noch keinen Mann gefunden hat. Mona wiederum hat während ihres Jahres in Teheran mehrere Nächte mit einem verheirateten Mann verbracht, ganz unverbindlich, was kaum problematisiert wird.

Fazit: Die Reise in ihr Geburtsland, dem Iran, wird für die Protagonistin auch ein wenig zu einer Identitätssuche - ein eher ruhiges, aber dennoch fesselndes Buch mit leicht poetischem Schreibstil, das ein ganz eigenes Bild von dem Iran zeichnet, aber auch das Aufwachsen in Deutschland als Migrantin reflektiert, und das nicht zuletzt durch die eigenen Erfahrungen der Autorin authentisch wirkt.