Rezension

Tiefgründig und bewegend ... ein tolles Buch ...

Der Duft des Waldes - Hélène Gestern

Der Duft des Waldes
von Hélène Gestern

Bewertet mit 4 Sternen

„Der Duft des Waldes“ … definitiv ein Buch auf das man sich einlassen muss. Kleine Schrift und über 700 Seiten, das liest sich nicht mal eben so nebenbei weg. Das darf es auch nicht, denn man würde ihn sonst gar nicht spüren, diesen besonderen Duft!

Die Autorin Hélène Gestern arbeitet mit ihrem ersten in deutscher Sprache erschienenen Buch ein schwieriges Thema auf und kämpft damit gegen das Vergessen. Gegen das Vergessen der Gräueltaten, die während des Ersten Weltkriegs auf deutscher aber vor allem auch auf französischer Seite geschehen waren. Es ist ein mutiges und sehr feinfühliges Buch, das sich rund um den jungen Leutnant Alban und seinen Dichterfreund Anatole Massis dreht.

Die Historikerin stolpert mehr oder weniger zufällig über die Beiden, nachdem die inzwischen fast 90jährige Nichte des genannten Leutnants ihr einen wahren Schatz anvertraut: Frontbriefe von Alban an Anatole. Mit Eifer stürzt Elisabeth sich auf das Projekt, um Licht ins Dunkel dieser Geschichte zu bringen und sticht bei ihrer Recherche in mehr als ein Wespennest. Elisabeth, die sich selbst noch in einem delikaten Zustand nach dem Tod ihres Lebensgefährten befindet, gibt nicht auf. Sie reist quer durch Europa, um Beweisstücke zu sammeln und lernt so ganz zufällig eine neue zarte Liebe in Portugal kennen, die jedoch unter keinem guten Stern zu stehen scheint …

Mich persönlich hat diese Geschichte sehr angesprochen. Aufgrund eigener Familienforschung kann ich gut nachvollziehen, wie Elisabeth oft fast besessen scheint vor Hunger nach neuen Informationen. Doch diese Geschichte bietet so viel mehr. Sie beschreibt den Krieg, das Leid aber auch die Freude, die Alban während des Schriftverkehrs mit seinem Freund Anatole empfindet. Sie bringt uns die Fotografie näher und vermittelt uns, wie mächtig diese als Werkzeug sein kann. Alles in allem ein toller Roman, dem ich allerdings ein Sternchen wegen doch einiger Längen abziehen muss. Hier hätten es ruhig 100 Seiten weniger sein dürfen und ein Familienstammbaum wäre hilfreich gewesen. Die vielen Namen auseinander zu halten war oft gar nicht so einfach …