Rezension

Große Geschichte, gespiegelt im Schicksal eines Betroffenen

Viktor Stern - Henry Stern, Gerd Grasse, Thomas Thalmaier

Viktor Stern
von Henry Stern Gerd Grasse Thomas Thalmaier

Bewertet mit 5 Sternen

Henry Stern beschreibt in diesem kleinen Buch die Lebensgeschichte seines 1914 in Berlin geborenen Vaters Viktor Stern.  Dessen Vater stammte aus Willebadessen, weshalb Viktor, der sich diesem Ort stets verbunden gefühlt hat, dort viele Sommer bei seiner Tante Rosalia Stern verbrachte, die einen Kolonialwarenladen betrieb. Viktor gewann hier zahlreiche Freunde und fand auch seine erste Frau in Willebadessen. Doch der 1933 im Deutschen Reich an die Macht gekommene Nationalsozialismus hatte wie überall Folgen für das Leben der jüdischen Mitbürger. Als sogenannter Halbjude verlor Viktor Stern im September  1933 seine Stellung bei den Berliner Verkehrsbetrieben, da auch sein Vater seine Arbeit bei der Post verlor, beschloss die nun einkunftslose Familie, zu Rosalia Stern nach Willebadessen zu ziehen.  Doch auch hier machte sich der Einfluss der Nationalsozialisten bemerkbar, Kunden blieben dem Kolonialwarenladen fern, es gab antisemitische Schmierereien am Stern’schen Haus sowie die Schändung des kleinen jüdischen Friedhofs am Schleisenberg. Doch ebenso gab es Zeichen der Solidarität mit den jüdischen Mitbürgern, etwa durch heimliche Käufe. Ausschreitungen zum Novemberprogrom wurden durch mutige junge Männer verhindert, die den von Dorf zu Dorf ziehenden Schlägertruppen Schwierigkeiten androhten.

Dennoch blieb die Familie Stern nicht vom Holocaust verschont, zahlreiche Mitglieder  emigrierten oder starben im Vernichtungslager, auch Viktor Stern blieb nicht verschont, doch er überlebte und kehrte noch oft in das Eggestädtchen zurück.

Der Name Viktor Stern hatte mir bisher nichts gesagt, allerdings kannte ich seine Tante Rosalia aus den Erzählungen meiner Mutter, deren Vater bis zu ihrem Abtransport mit ihr befreundet war, so dass sie ihm in der Nacht davor noch persönliche Unterlagen aushändigen konnte, die nach dem Krieg in die Hände überlebender Angehöriger gelangten.