Rezension

Keine Vorurteile gegen Klassiker!

Stolz und Vorurteil - Jane Austen

Stolz und Vorurteil
von Jane Austen

Bewertet mit 5 Sternen

So, jetzt habe ich dir gesagt, warum du mich liebst. Und wenn ich es mir genau überlege, hast du eigentlich auch ganz recht damit. Es stimmt ja zwar, dass du keine einzige gute Eigenschaft von mir kennst; aber darauf kommt es einem ja auch gar nicht an, wenn man sich verliebt.

So bin ich selten von einem Buch berührt worden. Phantastischer Stil, eine bewegende und spannende Geschichte, leicht und fesselnd. Was hatte ich eine heilige Scheu vor der Lektüre dieses Buches! Ein so alter Klassiker der Weltliteratur... dass das nicht immer den breiten Geschmack trifft, zeigt die Erfahrung mit anderen Klassikern in Form von Schullektüre. Das Meiste davon war nicht meins.

Sich das freiwillig antun? Lag mir bisher fern.

Aber der Film mit Keira Knightley war so schön und dann lief mir diese Schmuckausgabe über den Weg... und ich dachte mir - warum sich nicht mal durch etwas durchkämpfen, was garantiert in einer hochgestochenen Sprache verfasst wurde und schauen, ob es doch noch hübscher ist als der Film.

Und jetzt?

Tief beeindruckt, bewegt und wehmütig musste ich heute die Welt von Stolz und Vorurteil verlassen. Trauer um das Ende eines Buches und eine neue Leidenschaft nehme ich mit und den Wunsch, mehr von ihr zu lesen. Gleich mit ihren ersten Sätzen hatte Frau Austen mich gefangen genommen und nicht mehr losgelassen. Sie lauten:
 

Es ist eine Tatsache, über die sich alle Welt einig ist, dass ein alleinstehender Mann mit einigem Vermögen unbedingt auf der Suche nach einer Lebensgefährtin sein muss.
Welcher Art die Gefühle und Wünsche eines solchen Mannes im Übrigen auch immer sein mögen, diese Wahrheit hat eine so unumstößliche Geltung, dass er schon bei seinem ersten Auftauchen von sämtlichen ansässigen Familien als rechtmäßiger Besitz der einen oder anderen ihrer Töchter angesehen wird.

Kurz und gut: Allein der Stil hat mich bereits abgeholt. Er ist nicht abgehoben aber intelligent. Die Dialoge besitzen eine Natürlichkeit, wie man sie nur selten bewundern kann. Wenn Mr. Collins, der Cousin der Familie seine hochgestochenen Briefe schreibt, dann amüsiert sich die ganze Familie über seine überladene Ausdrucksweise.
Mrs Bennet würde auch aus heutiger Sicht noch das Paradebeispiel einer peinlichen Mutter abgeben. Trotz der 200 Jahre, die nun zwischen damals und heute liegen sind einige Themen doch immer noch erschreckend aktuell.
Männer in Uniformen werden heute noch gerne angeschaut, die Damenwelt interessiert sich immer noch für Mode, zickige Weibsbilder gab es ebenfalls zu allen Zeiten und trotz aller gesellschaftlicher Normen herrschten auch Damals bereits einige Unsicherheiten.

Nicht weniger interessant ist aber auch das, was zwar 100 Jahre später noch Geltung hatte, heute aber nicht mehr so ist.

Freunde von Downton Abbey werden hier viele Einflüsse entdecken können.

Die Thematiken unterschiedlicher Stände und dieses verflixte Erbrecht, was dafür verantwortlich ist, dass Mr Bennets Töchter nach seinem Tode nicht das Anwesen erben können, sondern es an den entfernten Cousin geht, das beobachten wir auch bei den drei Töchtern Lord Granthams und deren entferntem Cousin. Oder das voreheliche - nennen wir es Beisammensein - dem sich nicht nur Lydia Bennet hingibt, sondern auch Lady Mary Grantham. Und nach Downton Abbey werde ich nun nach dieser Lektüre auch gerne wieder flüchten, um den Zauber noch eine Weile zu spüren und um noch mehr Dinge entdecken zu können und zu wissen, woher die Inspiration stammt.
 

Übrigens:

Ja, das Buch ist natürlich besser und: Es endet nicht mit dem Heiratsantrag, sondern erzählt uns wenigstens noch, was aus den drei verheirateten Mädchen in der Anfangszeit ihrer Ehen wurde und wie sich das auf die zwei verbliebenen Schwestern auswirkt. Und was der Film auf einige Wochen zu reduzieren vermag, findet in Wirklichkeit über den Zeitraum eines Jahres statt und das macht es nur umso realistischer.

Die Ausgabe selbst ist - wie könnte es auch anders sein - ein Traum.

Illustriert von Marjolein Bastin - keine Sorge, wir bekommen nur wunderschöne farbige Blüten zu sehen, unsere Phantasie wird dadurch nicht beschnitten!

Zusätzlich gibt es 10 wundervolle Beilagen zu bestaunen: 

Ein Bild zeigt die Mode der Zeit, wir lernen Tanzschritte aus dem Jahr 1808, die Einladung zu einem Ball ist beigelegt, es gibt eine aufklappbare Karte des damaligen London, ein Notenblatt und den Brief Mr Darcys im Umschlag und auf den zwei eng beschriebenen Seiten, wie im Buch vermerkt, ein kurzer Lebenslauf zu Jane Austen, die Anleitung zu einem Kartenspiel und zu guter letzt den Stammbaum der Familie Bennet, all das macht diese Ausgabe zu einem kleinen Juwel und ich freue mich auf weitere Bücher in diesem Format.