Rezension

Schöne Geschichten

Kirschen essen -

Kirschen essen
von Susanne Niemeyer

Bewertet mit 4 Sternen

„...Such dir lieber einen neuen Mann. Du bist jung, du hast das Leben noch vor dir. Der Tod ist ein Spielverderber...“

 

Dieses Zitat stammt aus der zweiten Geschichte. Naomi will sich von Ruth verabschieden und zurück in ihre Heimat gehen. Doch Ruth folgt ihr.

In 21 Episoden erzählt die Autorin Liebesgeschichten aus der Bibel. Dabei geht es nicht nur um die Liebe zwischen Frau und Mann. Die meisten der Erzählungen werden gekonnt in die Gegenwart übertragen.

Nach jeder Geschichte folgen entweder ein bis zwei Zitate einer historischen Persönlichkeit oder ein Vers aus der Bibel. Häufig greift die Autorin dabei auf das Hohelied zurück. Diese Teile wurden in Rot gedruckt.

Die eigentlichen Geschichten sind nur wenige Seiten lang. Schnell kommt die Autorin auf den Punkt. Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist sehr bildhaft und arbeitet mit Metaphern. Betsebas Gedanken klingen so:

 

„...Der Mond scheint auf den Mosaikfußboden. Manche Steine leuchten, während andere dunkel bleiben. So ist die Liebe, denkt sie...“

 

In die Geschichte von Salomo und der Königin von Saba werden gekonnt Rätsel und kurze Erzählungen eingewoben. Andere Erzählungen zeichnen sich durch einen feinen Humor aus, zum Beispiel als sich die Tiere im Paradies unterhalten:

 

„...Mir gefällt es hier sehr. Nur die Nachbarn sind etwas laut, nun ja, Elefanten eben. Aber man wird schon miteinander auskommen...“

 

Es gibt vereinzelte Geschichte, die etwas aus dem Rahmen fallen. So wird in einer Erzählung Jesus charakterisiert. Kurze Sätze fassen das Wesentliche seines Lebens zusammen.

 

„...Wer mit ihm eine Meile gehen wollte, mit dem ging er zwei. Einigen ging das zu weit. Aber er ging noch weiter. Er liebte seine Feinde...“

 

Zu meinen Lieblingsgeschichten im Buch gehört die Erzählung von Judas. Hier möchte ich auf ein Zitat verzichten, weil ich nicht weiß, wo ich da anfangen und wo aufhören soll. Es wird eine Entwicklung dargestellt, die beginnt mit langsamer Zuneigung, sich wendet zu Enttäuschung und am Ende die eigene Vorstellung erzwingen will. Das Bild, das er sich von Jesus gemacht hat, war mit dem Wesen Jesus nicht zu vereinbaren.

Schöne Illustrationen in Schwarz und Rot veranschaulichen das Geschehen. Das Buch hat mir sehr gut gefallen.