5 Sterne am literarischen Himmel
Ihr ganzes Leben lang kämpft die 40-jährige Adele um die Liebe und Anerkennung ihrer dominanten Mutter Elizabeth. Während ihre beiden jüngeren Geschwister mit ihren glanzvollen Karrieren stets den Stolz der Mutter auf sich ziehen, erntet Adele mit ihrer Leidenschaft zum Backen als Konditorin und anderen vermeintlichen Charakterschwächen nur Unverständnis und Missbilligung.Bei ihrem Vater dagegen findet sie die schmerzlich vermisste Zuneigung, enbenso wie bei ihrem treuen Jugendfreund Andrew.
Eine unerwartete Wendung stellt sich ein, als ein Jahr nach dem plötzlichen Unfalltod der Mutter eine Frau bei der Familie auftaucht, die behauptet, Elizabeths Tochter und am selben Tag geboren zu sein wie Adele. Während der Rest der Familie die Fremde ablehnt , beschließt Adele nach anfänglicher Verzweiflung, dem Geheimnis ihrer Mutter und damit auch ihrer eigenen Geschichte auf den Grund zu gehen.
Anhand von zwei Handlungssträngen erzählt Nikola Scott abwechselnd die Geschichte Elizabeths Ende der 50er Jahre und die Geschichte ihrer Familie in der Gegenwart. So führt sie den Leser in einem weiten Spannungsbogen zur Auflösung des Rätsels und zeichnet gleichzeitig ein scharfsinniges Portrait der Upper-Class-Gesellschaft im England der Nachkriegszeit, das noch bis in die 1980er Jahre vorherrschte. Dabei bedient sie sich einer gefühlvollen, durch viele pointenreiche Wendungen und Dialoge aber nie schwülstigen Sprache, so dass man zu Recht von einer gelungenen Tragik-Komödie sprechen kann. Die einzelnen Charaktere kommen sehr differenziert und glaubwürdig zur Geltung, wobei Adele, genannt Addie, mit ihren vordergründigen Unzulänglichkeiten ganz klar das Zeug zur Heldin und Lieblingsfigur hat (hier gibt es übrigens ganz starke Parallelen zu Katherine Pancoll`s Josephine).
Es sind vor allem 3 Faktoren, die dem Buch "5 Sterne am literarischen Firmament" geben: zum einen die Darstellung der Familiengeschichte mit Schwerpunkt auf dem schwierigen Mutter-Tochter-Verhältnis, zum anderen der gesellschaftskritische Aspekt der Doppelmoral der 50er Jahre (nicht nur) in England und nichtzuletzt der pointierte und flüssige Schreibstil.