Rezension

Abschied von der Elbstrandvilla

Sturm über der Villa am Elbstrand - Charlotte Jacobi

Sturm über der Villa am Elbstrand
von Charlotte Jacobi

Bewertet mit 4 Sternen

60er Jahre Hamburg. Der Zweite Weltkrieg liegt bereits einige Jahre zurück und hat der Familie Nieland einige Verluste eingebracht. Nun befindet sich Deutschland mitten im Wiederaufbau und im Wirtschaftswunder, was auch Veränderungen für die Familien Nieland und Timmlein mit sich bringt. Sofie Timmleins Enkelin Isabel möchte eine ernstgenommene Journalistin werden, während ihre Cousine Rosa sich als Schauspieler einen Namen machen möchte, doch dann wird sie unfreiwillig durch die Grenzmauer, die Deutschland in Ost und West teilt, von ihrer Familie getrennt und versucht alles, um wieder in den Schoß dieser zurückzukehren, was sich als gefährlich und gar nicht so einfach herausstellt. Die Sturmflut 1962 verlangt den beiden Familien noch einmal alles ab, denn auch diesmal bleiben sie nicht von Überraschungen verschont…

Charlotte Jacobi hat mit „Sturm über der Villa am Elbstrand“ den finalen Teil ihrer Hamburg-Trilogie vorgelegt, der wieder einmal mit einigen Verwicklungen, sehr guter historischer Hintergrundrecherche und vielen Spannungsmomenten aufwarten kann. Der Erzählstil ist flüssig, bildhaft und fesselnd, nach wenigen Zeilen hat sich der Leser erneut in der Elbstrandvilla in Hamburg eingelebt und verfolgt voller Neugier die Entwicklungen und Machenschaften der Hausbewohner nach einem Zeitsprung von mehreren Jahrzehnten. Sehr gelungen werden für Erstleser viele Informationen aus den ersten beiden Bänden als Randnotizen eingeflochten, so dass der Leser der Handlung durchgängig folgen kann. Die akribische Recherche des historischen Hintergrunds ist auch diesmal wieder exzellent, so werden viele Details rund um die große Flut in die Handlung mit eingebracht, aber auch der Mauerbau, die Anti-Atomkraftmärsche sowie der Hamburg-Besuch der Beatles finden sich in der Geschichte wieder. Viele bekannte Namen der damaligen Zeit tauchen im Rahmen des politischen und gesellschaftlichen Lebens der damaligen Zeit auf und zeugen einmal mehr von der guten Hintergrundrecherche. Überraschende Wendungen machen die Geschichte durchweg spannend und aufgrund der bildreichen Erzählweise hat der Leser während der Lektüre das Gefühl, nicht nur das Leben einiger Familienmitglieder zu beobachten, sondern hautnah bei einem Stück Zeitgeschichte mit dabei zu sein.

Die bekannten Charaktere haben den Jahren angepasst eine glaubwürdige Entwicklung hingelegt, die Enkelgeneration ist liebevoll und lebendig neu inszeniert, so dass sie dem Leser ebenso schnell ans Herz wachsen, wie die „alten Hasen“. Sofie Timmlein ist inzwischen eine geachtete und angesehene Zahnärztin, was sie ihrer eigenen Hartnäckigkeit, ihrem Fleiß und ihrer Ausdauer zu verdanken hat, aber auch ihrer Hilfsbereitschaft und ihrem Gerechtigkeitssinn. Auch Anna steht noch mit beiden Beinen im Leben und hat von ihrer resoluten Art nichts verloren. Isabel besitzt eine gesunde Neugier und gebärdet sich teilweise wie ein Pitbull, während sie Nachforschungen betreibt und den Dingen auf den Grund geht. Rosa ist eine Künstlerseele, die sich in arge Schwierigkeiten bringt. Aber auch Willy, Timon und Burkard machen diese Geschichte rundum spannend und zu einem krönenden Abschluss der Familiensaga.

Mit „Sturm über der Villa am Elbstrand“ heißt es Abschiednehmen von liebgewonnenen Protagonisten. Das Buch besticht durch eine akribische Hintergrundrecherche sowie der Entwicklung einer Familie über mehrere Jahrzehnte, wobei die schicksalshafte Erlebnisse der Vergangenheit bis in die Zukunft reichen. Spannende und kurzweilige Lektüre, die man nicht aus der Hand legen kann und somit eine Leseempfehlung verdient.