Rezension

absolutes Must-Read für Fans spannender Jugend-Dystopien

Gone 1: Verloren - Michael Grant

Gone 1: Verloren
von Michael Grant

Zitat:
„Die Schule war gefährlich geworden. Menschen, die Angst hatten, taten manchmal schreckliche Dinge – auch Kinder.“
(S.16)

„Von der üblichen Geräuschkulisse war nichts mehr da: kein Läuten der Telefone, kein Brummen der Autos und keine gedämpften Stimmen aus den Häusern. Dafür konnten sie jeden ihrer Schritte und Atemzüge hören.“
(S.52)

„Unmögliche Dinge können nicht passieren – und wenn sie doch eintreten, müssen sich die Regeln irgendwie verändert haben.“
(S.118)

Inhalt:
Perdido Beach. Es passiert von einer Sekunde auf die andere. Plötzlich sind alle Erwachsenen verschwunden. Mehr noch, es gibt niemanden mehr, der älter als fünfzehn Jahre alt ist. Die Kinder und angehenden Jugendlichen sind ganz auf sich allein gestellt. Was ist passiert? Das Unfassbare ist nicht zu verstehen. 
Ein paar Kilometer um die Stadt herum erstreckt sich nun eine unüberwindbare Barriere, die sie von der Außenwelt abschneidet. Das Kernkraftwerk scheint irgendwie das Zentrum des Ganzen zu sein. 
Sam versucht gemeinsam mit Astrid und Quinn einen Ausweg zu finden. Zum Glück konnten sie Astrids kleinen autistischen Bruder Pete noch finden. Doch die Verwirrung aufgrund der Situation wächst. Außerdem entdeckt Sam seltsame Fähigkeiten an sich, die ihm unerklärbar erscheinen.

Caine und seine Leute von der nahe liegenden Coates Academy stoßen zu den Kindern in der Stadt. Mit seiner besonderen Gabe kann Caine die sich anbahnenden Machtkämpfe beenden und übernimmt die Führung. Doch der sich daraus entwickelnde Hoffnungsschimmer verglimmt. Caine hat andere Pläne, als er vorgibt. Die Angst hat jeden fest im Griff. Aber es kommt noch schlimmer. Perdido Beach versinkt in einer sich immer schneller drehenden Spirale der Gewalt.

Meinung:
Von Michael Grants „BZRK“-Reihe war ich schon sehr angetan. Dann habe ich von seiner „Gone“-Reihe gehört und wusste, dass ich sie auf jeden Fall lesen werde. „Gone – Verloren“ stand jetzt schon ein paar Tage in meinem Regal. Irgendwie kam immer etwas dazwischen. Aber nun war es dann wirklich an der Zeit, zu dieser Geschichte zu greifen.

Michael Grant eröffnet die Handlung sodann auch gleich mit einem atemberaubenden Tempo. Kaum war ich in Perdido Beach angekommen, schlug das ganze Geschehen schon wie eine riesige Welle über mir zusammen. Zum Atmen hatte ich fortan kaum noch die Möglichkeit und so raste ich durch die Seiten. Ich war immer auf der Hut vor den vielen Gefahren, die mich erwarteten, mitunter aber nicht auf den ersten Blick erkennbar waren. Doch ich hatte Glück. Denn ich hatte Sam an meiner Seite! 

Sam ist ein Protagonist, wie man ihn sich nur wünschen kann. Nüchtern überlegend stürzt er sich niemals kopflos ins Ungewisse. Seine jeweiligen Schritte plant er, lässt sich dabei von überraschenden Wendungen nicht beeinflussen und sucht dabei immer nach Lösungen. Sam ist jemand, der nicht aufgibt, stetig unternimmt er alles Notwendige, um sein Ziel zu erreichen. Dabei hat er immer die Interessen der Gruppe vor Augen. Sam ist ein wirklicher Teamplayer. Seine Entwicklung in der fortschreitenden Geschichte ist deutlich spürbar. Er reift und wächst dabei über sich hinaus.

Die bislang für Sam unerreichbar erscheinende Astrid, ein super intelligentes Mädchen, wird zu seiner engsten Vertrauten. Neben ihrer Intelligenz ist sie auch noch unglaublich hübsch. Und doch ist sie weder arrogant noch selbstherrlich. Sie versteht es mit Geschick, Sam jederzeit aufzubauen und ihn auf seine Stärken hinzuweisen. Außerdem kümmert sie sich rührend um ihren kleinen autistischen Bruder Pete. Astrid ist ein wirklich starker und sympathischer Charakter.

Zu den anderen handelnden Personen möchte ich jetzt nicht zu viel verraten. Auf jeden Fall traf ich in „Gone – Verloren“ auf der einen Seite machthungrige und sadistisch veranlagte, kompromisslose Ausbeuter, allerdings auch hilfsbereite, treue und ehrliche Wegbegleiter. Zum Glück schlug das Pendel zwischen Gut und Böse nicht eindeutig aus.

Mit der Welt in Perdido Beach hat Michael Grant ein dystopisches Szenario mit Fantasy-Anteilen geschaffen, wie es schockierender kaum auf mich wirken könnte. Man stelle sich vor, dass in unserer Welt plötzlich alle erwachsenen Personen einfach verpufft wären. Was sich anfangs noch nach einem regelrechten Kick anhören mag, muss zwangsweise früher oder später im Chaos versinken. Denken wir dabei nur an die vielen Babys und Kleinkinder, die von jetzt auf gleich nicht mehr durch Mutter, Vater oder anderen Bezugspersonen betreut werden können. Wer kümmert sich um die täglichen Kleinigkeiten? Wie sollen ohne Feuerwehrmänner Brände gelöscht werden? Und das sind nur die Anfänge.

Michael Grant brachte mir seine Geschichte in personalem Erzählstil in Vergangenheitsform, vorrangig aus Sicht von Sam näher. Ich war nicht nur hautnah am Geschehen – nein, ich war sogar mittendrin. Der Autor neigt definitiv nicht zu Übertreibungen. Dennoch hatte ich von jeder Handlung und jedem beschriebenen Ort gedankliche Bezüge, so dass sich ein entsprechendes Bild in meinem Kopf zementierte. Bei einigen Szenen kann man letztendlich sogar dankbar sein, dass auf Details verzichtet wurde. Allein meine Fantasie hat hier ausgereicht, um mir Schauer über den Rücken zu treiben. Hierbei meine ich vor allem die enthaltenen traurigen, aber auch Kampf- und Gewaltszenen. 
Über jedem neuen Kapitel findet man einen ablaufenden Countdown. Konnte man die Bedeutung anfangs nicht so richtig greifen, wird diese allerdings mit jeder Seite verständlicher. Und schließlich wird eine böse Vorahnung zur traurigen Gewissheit.

Der Autor beschreibt in „Gone – Verloren“ anfangs zwei unterschiedliche Handlungsstränge, die konsequent aufeinander zusteuern. In beiden Richtungen dominieren unterschiedliche Stilelemente. Überwiegt im ersten Handlungsstrang der dystopische Gedanke, fand ich im Parallelstrang eher den fantastischen Bereich vertreten. Michael Grant ist es aber ausgezeichnet gelungen, beides wunderbar miteinander zu verknüpfen und ganz klar aufzuzeigen, dass sich beides keinesfalls ausschließt. 

Auf einen Cliffhanger hat der Autor für das Ende dieses ersten Teils verzichtet. Michael Grant entlässt mich wirklich zufrieden aus seinem Reihenauftakt und hat den Appetit auf mehr „Gone“ in mir geweckt. Ich werde definitiv nicht lange warten, bis ich zur Fortsetzung greifen werde!

Urteil:
„Gone – Verloren“ zeigt in erschreckender Weise die Auswirkungen von Veränderungen der täglichen Normalität auf. Spannende Unterhaltung, Schockmomente, Freude und Trauer, gruselige Momente – ich fand dies alles in dieser fantastisch angehauchten Dystopie. Atemlose Lesestunden mit wirklich hervorragender Unterhaltung belohne ich deshalb mit eindeutigen 5 Büchern.

Für alle, die sich von gut konstruierten Welten fesseln lassen können, einen Hoffnungsschimmer nie aus den Augen verlieren, Rückschläge verkraften und gern mit authentischen Charakteren mitfiebern.

Die Reihe:
1. Verloren
2. Hunger
3. Lügen
4. Rache
5. Angst
6. Licht

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