Rezension

Alcatraz

The Edge of Lost - Kristina Mcmorris

The Edge of Lost
von Kristina Mcmorris

Bewertet mit 4 Sternen

Der 12jährige Shan Keagan lebt mit seinem Onkel Will in Irland, seine geliebten Eltern sind an Tuberkulose gestorben. Und im Jahr 1919 ist es nicht leicht Geld zu verdienen. Der Onkel nutzt das schauspielerische Talent des Jungen für Auftritte in Kneipen, außerdem gibt es eine Art Waisengeld für Shan. Will selbst trinkt lieber statt zu arbeiten und das große Wort führt sich auch leicht. Die Situation in Irland wird immer tragischer und Wills aufbrausendes Wesen ist auch nicht hilfreich, um die finanzielle Situation zu verbessern. Schließlich gibt es für Shan und seinen nur noch einen Weg: Auf nach Amerika.

 

Bis man die Zusammenhänge erkennt, die zu der Abbildung des Gefängnisses von Alcatraz auf dem Cover geführt haben, dauert es eine ganze Weile. Eine Weile, in der das Buch sehr fesselt, wenn es auch ein paar Wendungen hat, die  geradezu unglaublich sind. Doch zunächst beeindrucken die Schilderungen des harten Lebens im Irland nach Ende des ersten Weltkrieges. Shan kommt eigentlich nicht aus einem schlechten Elternhaus, sein Vater war Arzt und versorgte seine kleine Familie und gab seinem Sohn Bildung. Die Mutter schenkte ihm die Liebe zu den Büchern. Durch den frühen Tod der Eltern ist diese wohlbehütete Zeit vorbei, Onkel Will ist doch ein anderes Kaliber. Dennoch soll in Amerika alles besser werden.

 

Beginnend mit einem Prolog, der zunächst Rätsel aufgibt, führt der Roman an verschiedene Schauplätze. Von Alcatraz geht es zurück nach Irland und von dort auf die Reise nach Amerika, die Ankunft in New York. Zunächst erscheint dieser Blick in die Vergangenheit etwas zusammenhanglos. Man kann sich einfach nicht vorstellen, was ein junger Ire, der mit seinem komödiantischen Talent den Menschen Freude bereiten will, mit einem Gefangenen zu tun haben soll. Doch genau dies schildert die Autorin mit Kniffen und Wendungen, die immer wieder überraschen. Eindringlich sind die Schilderungen der verschiedenen Milieus, in die Shans Weg führt. Die Autorin bringt einem zum einen das Schicksal des jungen irischen Auswanderers nahe, zum anderen aber auch die Lebensart und das Miteinander in verschiedenen Gegenden der alten und der neuen Welt. Ein ungewöhnlicher Lebensweg, der so voll erscheint, dass er in der Realität vielleicht für mehrere Leben reichte, der als Fiktion aber gut funktioniert.