Rezension

Allein auf See... naja, fast.

Life of Pi - Yann Martel

Life of Pi
von Yann Martel

Bewertet mit 4 Sternen

Der Pondicherry Zoo zieht um, Mann und Maus werden auf einen Ozeandampfer verfrachtet und machen sich auf in die große weite Welt. Doch es gibt ein Unglück und nur wenige Überlebende schaffen es auf ein kleines Rettungsboot: Pi Patel, Sohn des Zoodirektors, eine Hyäne, ein Zebra, ein Orang-Utan und Richard Parker, seines Zeichens ausgewachsener Tiger. Pi könnte sich wahrlich angenehmere Reisegenossen vorstellen…

Yann Martel wurde für dieses Buch in den höchsten Tönen gelobt und ich möchte mich dem eigentlich größtenteils nur anschließen. Die unglaubliche Reise von Pi bezaubert den Leser und nimmt ihn mit auf die beengte Einöde des Rettungsbootes. Dabei muss man den eigenen Realismus oft ausblenden können, sonst wird man an diesem modernen Märchen keine Freude haben.

Martel erzählt sehr flüssig, schafft es das Meer als dritte „Hauptperson“ zu etablieren, beschreibt nicht nur Wind und Wetter sehr bildhaft und detailliert; und trotz der fantastischen Geschichte wird man am Ende das Buch zuklappen und der Meinung sein, dass sich die Story so wirklich hätte abspielen können. So im Vorbeigehen (oder sollte ich sagen Vorbeitreiben?) erfährt man allerhand über diverse Tierarten und ihre Eigenheiten, dem Autor ist es hervorragend gelungen dabei nicht dröge vorzutragen, sondern die Informationen geschickt zu verpacken. Überhaupt kommt nie Langeweile auf, obwohl Pis Alltag natürlicherweise sehr eintönig ist. Doch selbst kleine Veränderungen des Wetters o.ä. werden zum Großereignis und Martel erzählt glaubhaft die Auswirkungen auf Pi. Dieser ist dem Leser schnell sympathisch, man fühlt und leidet mit dem 16-Jährigen mit. Trotz seiner prekären Lage lässt er manchmal sogar subtilen (Galgen-)Humor durchblitzen und man neigt dazu respektvoll den Hut vor ihm ziehen zu wollen, da er mit einer Weitsicht und Ruhe um sein Leben kämpft, die man nicht von jedem erwarten kann. Nicht ganz so gelungen fand ich Pis geistige Ausflüge in die diversen Weltreligionen; mag sein, dass dieses Gottvertrauen als Anker für ihn dienen soll, für mich hat es manchmal so gewirkt, als wolle der Autor da etwas mit Gewalt in die Geschichte pressen; zumal die Betrachtungen dann doch etwas oberflächlich geraten. Aber das bleibt auch mein einziger Kritikpunkt an der Geschichte, denn insgesamt hat mich Life of Pi sehr gut unterhalten.

Fazit: ein wunderbares modernes Märchen, das trotz kleiner Abstriche großen Lesespaß bietet und zum Nachdenken anregt.